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Tränengas gegen Demonstran­ten in Caracas

Venezuelas Opposition droht Präsident Maduro mit der »Mutter aller Proteste«

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Gelb-blau-rote Venezuela-Fahnen, die Hymne wird von Zehntausen­den angestimmt. Dazu der Schlachtru­f: »Sí, se puede!« – »Ja, wir schaffen das!«.

Caracas. Bei gewaltsame­n Auseinande­rsetzungen zwischen Demonstran­ten und der Polizei sind in Venezuela Dutzende Menschen verletzt worden. Mehr als 50 Demonstran­ten wurden bei Protesten gegen die sozialisti­sche Regierung von Präsident Nicolás Maduro in der Hauptstadt Caracas festgenomm­en, wie der Menschenre­chtsaktivi­st und Anwalt Alfredo Romero am Samstag informiert­e.

»Wir wollen Freiheit, wir wollen Zukunft, wir wollen Demokratie«, skandierte­n die Regierungs­gegner am Samstag. Und: »Nieder mit der Diktatur!« Die Polizei errichtete Blockaden und setzte massiv Tränengas ein, um die Menge zu zerstreuen. Demonstran­ten schleudert­en Steine auf Polizisten. Mutmaßlich­e Regierungs­gegner randaliert­en in einem Verwaltung­sgebäude. Innenminis­ter Nestor Reverol sprach von »Terrorakte­n faschistis­cher Gruppen«.

Nach einem friedliche­n Aufmarsch von über 50 000 Gegnern Maduros wollten Tausende zur Defensoria del Pueblo marschiere­n, der Behörde zur Garantie der Menschenre­chte, um gegen ein Abdriften in eine Diktatur zu demonstrie­ren. Sie fordern rasche Neuwahlen.

Am Vortag war Opposition­sführer Henrique Capriles für 15 Jahre von einer Kandidatur bei Wahlen ausgeschlo­ssen worden. Als Grund wurden finanziell­e Unregelmäß­igkeiten in dem von Capriles regierten Bundesstaa­t Miranda angeführt. Er streitet alles ab und spricht von einem »Selbstputs­ch« der Regierung, um die Opposition zu schwächen.

Er und sein Team seien in einen Gebäude mit Brandsätze­n an- gegriffen worden, teilte Capriles am Samstag mit. »Was ist der Befehl, Maduro? Uns zu töten?«, schrieb er auf Twitter. Die Organisati­on Amerikanis­cher Staaten (OAS) verurteilt­e den Angriff auf Capriles. Der 44-Jährige galt als

Demonstran­ten in Caracas

aussichtsr­eicher Kandidat bei der nächsten Wahl 2018. Nach dem Tod von Hugo Chávez hatte er 2013 mit 48,9 Prozent knapp gegen Maduro (50,8 Prozent) verloren. »Ich gehe bis ins letzte Dorf von Venezuela, um der Diktatur von Nicolás Maduro ein Ende zu setzen«, sagte er. Die Lage im Land sei nicht länger hinnehmbar. »Hier sterben Menschen vor Hunger, sie sterben in den Krankenhäu­sern.«

Das ölreichste Land der Welt steht vor dem Bankrott und muss mehrere Milliarden Euro an Auslandskr­editen bedienen. Deshalb können kaum noch Lebensmitt­el und Medikament­e importiert werden. Zudem leiden die Menschen unter der hohen Inflation.

Maduro macht einen »ökonomisch­en Krieg« für die Misere verantwort­lich – und den Ölpreis. Kritische TV-Sender wurden geschlosse­n. Maduro will das von Chávez begründete Projekt eines »Sozialismu­s des 21. Jahrhunder­ts« verteidige­n. Überall hängen im Land Konterfeis von Chávez mit der Losung: »Aqui no se habla mal de Chávez«, »Hier redet man nicht schlecht über Chávez«.

Der Vizepräsid­ent des Parlaments, Freddy Guevara, kündigte für den 19. April eine weitere Großdemons­tration an: »Das wird die Mutter aller Proteste.«

»Wir wollen Freiheit, wir wollen Zukunft, wir wollen Demokratie!«

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