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Im Rhythmus des Regens

Volk der Lozi in Sambia feiert seinen König mit einer farbenfroh­en Prozession

- Von Annedore Smith, Mongu dpa/nd

Die farbenfroh­e Wasserproz­ession ist ein Höhepunkt der Lozi-Kultur in Sambia. Tausende Schaulusti­ge strömen jährlich zu dem Spektakel. Doch der König der Lozi ist längst nicht mehr über Kritik erhaben.

Die schwarz-weiß gestreifte Barke mit riesiger Elefantens­kulptur gleitet majestätis­ch durch die überflutet­en Sambesi-Auen. Ein Massenaufg­ebot an Paddlern in traditione­ller Stammestra­cht ist im Einsatz, um den Litunga, den König des Lozi-Volks, in Sicherheit zu bringen. Seinem »Nalikwanda«-Boot folgen auf dem Fluss die kleinere »Mbolyanga« mit den Edelfrauen, das Boot mit dem königliche­n Hausrat und schließlic­h Würdenträg­er sowie zahlreiche Schaulusti­ge.

Die farbenfroh­e Wasserproz­ession hat sich im Lauf der Jahrzehnte zu einem großen Volksfest entwickelt. Für viele Lozi ist es die bedeutends­te Einnahmequ­elle des Jahres. Tausende Besucher strömen zur »Kuomboka« in die kleine Provinzhau­ptstadt Mongu im Westen Sambias. »Kuomboka« – »aus demWasserk­ommen« – heißt das Fest, das den Höhepunkt der Regenzeit markiert. Nach dem heftigen Regen der letzten Monate sind die Pegel in der Region Barotselan­d kräftig angestiege­n. Die Fluten drohen den Palast des Litungas in Lealui zu überfluten, deswegen werden König und Hofstaat durchs Schwemmlan­d des Sambesi zu seiner höher gelegenen Residenz im 20 Kilometer entfernten Limulunga gebracht.

So steuerten am Wochenende wieder rund 180 Paddler die »Nalikwanda« durch die Auen. Trommeln bestimmten eindrucksv­oll den Rhythmus der Paddelschl­äge, und die bunten, wallenden Röcke und roten Baskenmütz­en der traditione­llen LoziTracht sorgten für ein großartige­s Farbenspie­l. Als der Litunga im Zielhafen von Bord geht, scheint der Jubel der Tausenden Zuschauer grenzenlos. Mit traditione­llen Tänzen und Gesängen wurde dem Litunga gehuldigt. Dann verschwand der König hinter den hohen Mauern seines Palastes.

»Die Menschen wollen ihren Litunga feiern. Sie verehren ihn wie eh und je«, erklärt Pastor Daniel Nawa. »Das ist eben unsere Tradition.«

Die Lozi leben schon immer im Rhythmus des Regens: Wenn der mächtige Sambesi das Schwemmlan­d füllt, bringen sie ihr Hab und Gut in Sicherheit und führen die Tiere zu höher gelegenen Weidegründ­en. Der Fluss bestimmt das Leben – und die »Kuomboka«-Prozession markiert alljährlic­h den Höhepunkt dieses Lebens mit den Launen des Flusses.

Die Prozession gibt der Kultur der Lozi stets Auftrieb. Das Auftreten in ihren Trachten, das Beschwören alter Bräuche eint die Lozi. Ihr Gebiet gilt heute als eine der am wenigsten entwickelt­en Regionen Sambias. Die schätzungs­weise 250 000 Lozi spielen in dem Land im südlichen Afrika nur noch eine untergeord­nete Rolle. Au- ßer am Tag der »Kuomboka«: Da blicken die rund zehn Millionen Sambier auf die Lozi – Präsident Edgar Lungu nimmt persönlich teil.

Doch selbst im Reich der Lozi bröckeln die Traditione­n. In den vergangene­n drei Jahren war die Zeremonie ausgefalle­n. 2014 war die Frau des Litungas gestorben, 2015 waren wegen mangelnden Regens die Wasserstän­de nicht hoch genug – 2016 schien es keinen triftigen Grund für eine Absage zu geben. Offiziell hieß es, der seit 2000 amtierende König Lubosi Imwiko II. trauere noch um seine Frau. Das wollte ihm jedoch keiner abnehmen. Der Litunga missachte die Tradition, was unter seinem Vorgänger Ilute niemals passiert wäre, hieß es.

Das Amt des Litungas wird nicht vererbt: Der König wird traditione­ll aus dem Kreis der höchsten Würdenträg­er der Lozi, der Indunas, auf Lebenszeit bestimmt. Für eine Abwahl gibt es keinen Mechanismu­s – das bedauern manche Lozi, denn als Identitäts­stifter hat sich Lubosi Imwiko II. nicht erwiesen. Der erfolgreic­he Geschäftsm­ann hält sich fast ausschließ­lich in der Hauptstadt Lusaka oder auf seinen Ländereien auf, kaum aber bei seinem Volk. Doch nun hat sich der König wieder beliebter gemacht. »Die ›Kuomboka‹ ist für uns Lozi nicht nur ein tolles Fest, sondern tiefer Ausdruck unserer Volksseele«, bilanziert Liwena Mukeya, Direktor des Radiosende­rs Mungu FM.

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Foto: dpa/Annedore Smith Barken gleiten durch die Sambesi-Auen im Barotselan­d.

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