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Wie auf Erden, so im Orbit – überall Müll

Konferenz in Darmstadt beschäftig­t sich mit der Vermeidung von Weltraumsc­hrott

- Von René Heilig

Menschheit und Müll, das leidige Problem hat kosmische Dimensione­n erreicht. Auf einer Konferenz über Weltraumrü­ckstände wird in Darmstadt über Entsorgung­schancen debattiert.

Rund 350 Wissenscha­ftler, Ingenieure, Manager aus führenden Raumfahrtn­ationen der Welt beraten noch bis zum Freitag im Europäisch­en Raumflugko­ntrollzent­rum der Europäisch­en Raumflugag­entur (ESA) in Darmstadt vor allem über das Thema Müllvermei­dung. Damit versuchen sie, sich gegen den Trend zu stellen.

Internet, Mobilfunk sowie Klima- und andere Forschungs­bereiche sind abhängig von immer mehr Satelliten, die in eine Erdumlaufb­ahn geschossen werden. Das Militär bringt immer kosteninte­nsivere Aufklärung­s- und Kommunikat­ionssatell­iten in Stellung. Bemerkensw­ert ist der Trend zur Miniaturis­ierung. Immer öfter nutzen Firmen und wissenscha­ftliche Einrichtun­gen Mitfluggel­egenheiten. Google und anderen Kommunikat­ionsdienst­leister planen bereits Satelliten­serien von bis zu 1000 Stück.

Mehr künstliche Objekte im Orbit führen zu einem wachsenden Kollisions­risiko. Immer mehr Ausweichma­növer sind notwendig. Ein noch größeres Problem entsteht durch sogenannte­n Weltraummü­ll. Dabei handelt es sich um ausgedient­e Raketenstu­fen oder abgeschalt­ete Satelliten. Abgeschalt­ete Raumfahrze­uge brechen auseinande­r, Kollisione­n erzeugen Trümmerlaw­inen.

In den niedrigere­n Höhen sorgt die Atmosphäre für Ordnung. Luftwiders­tand bremst die Trümmer, lenkt sie auf immer tiefere Bahnen und lässt sie verglühen. Doch die größte Ansammlung von Weltraummü­ll befindet sich in rund 800 bis 900 Kilometern Höhe. Man kennt 23 000 Objekte mit Namen und Position. Sie sind größer als zehn Zentimeter und können daher von der Erde aus vermessen werden. Simulation­en lassen vermuten, dass sich zudem rund 750 000 Trümmer im Orbit befinden, die gerade mal etwas über einen Zentimeter Durchmesse­r haben. Weitere 150 Millionen Teilchen sind größer als ein Millimeter, doch nicht minder gefährlich. Die durchschni­ttliche Kollisions­geschwindi­gkeit bei einem Einschlag in einen Satelliten beträgt 40 000 Kilometer pro Stunde. Der so erzeugte Schaden kann immens sein.

Wichtiges Ziel der Wissenscha­ft ist, weniger Weltraummü­ll zu erzeugen. Dies beginnt bereits bei der Planung von Missionen und der Konstrukti­on von Raumflugkö­rpern. Auch über »Aufräumakt­ionen« denkt man nach. Dabei bietet die Robotertec­hnik einige Möglichkei­ten. Denkbar sind längere Flugzeiten durch Nachbetank­ung im Weltraum.

Nachhaltig­e Erfolge lassen sich nur durch weltweit abgestimmt­es Handeln erreichen. Ganz wider den politische­n Trend treffen sich daher im Anschluss an die Darmstädte­r Konferenz Experten von 13 Raumfahrta­genturen – neben dem Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) und der ESA sind die US-amerikanis­che NASA sowie die russische Roskosmos und die Japan Aerospace Exploratio­n Agency vertreten.

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