Bayerische Verhältnisse
Andreas Koristka findet, dass sich die Türkei nach dem Verfassungsreferendum allmählich dem bayerischen Vorbild nähert
Recep Tayyip Erdogan hat es geschafft. Er ist spätestens nach dem Türkei-Referendum der unangefochtene Herrscher seines Landes. Seine Macht ist allumfassend wie ein Fladenbrot, das Salat, Kebabfleisch und eine pikant scharfe Sauce umschließt. Die politische Opposition kann dem türkischen Präsidenten jedenfalls nicht mehr gefährlich werden. Sie ist marginalisiert. Der Türkei dürfte damit ein ähnliches Schicksal drohen wie Bayern, wo die CSU seit nunmehr 61 Jahren ungefährdet durchregiert.
In Sachen Willkür könnte sich Erdogan im Freistaat gut informieren. Gerade hat das von der SeehoferCSU kontrollierte Parlament eine Gesetzesinitiative durchgebracht, die es erlaubt, Gefährder unbefristet in Präventivhaft stecken zu können. Dafür reicht allein der Verdacht. Selbst in der Türkei mussten sich Staatsanwälte und Richter bisher die Mühe machen und irgendeinen kruden Tatvorwurf erfinden wie im Falle des inhaftierten Journalisten Deniz Yücel (Terrorismus, ungepflegter Bartwuchs).
In Bayern wird man wohl künftig rigider vorgehen. Vor den Toren der Stadt München hat man für die vielen Gefährder, die es in Bayern gibt (schon die Anhänger Markus Söders machen gut zwei Hand voll aus), eigens unzählige Zelte auf einer Wiese errichtet. Noch ist alles nur ein Testlauf, doch in wenigen Wochen muss in der »Gefangenenunterkunft für Anhänger terroristischer Assoziationen festgehalten nach dem Ausnahmerecht der Münchener Oberbefehlshaber« (kurz GuAntAnAMO) alles flutschen wie das Innere einer Weißwurst beim Zuzeln.
Zwar ist GuAntAnAMO ein Gefangenenlager, dennoch möchte man auch hier nicht auf die typische bay- erische Gemütlichkeit verzichten. Aus den Lautsprechern schallt rund um die Uhr zünftige Blasmusik, es gibt eine Achterbahn, einen eigens aufgestellten »Hau den Islamer« und in vielen Zelten wird die halbvolle Maas Bier für 18,20 Euro ausgeschenkt. Da der überwiegende Teil der Gefährder aus Islamisten besteht, hat man sogar Lappen besorgt, die man ihnen aus Respekt auf das Gesicht legen kann, bevor man ihnen die alkoholische Flüssigkeit über den Mund schüttet. Die dabei gewonne- nen Informationen werden an die befreundeten Geheimdienste weitergegeben. Selbstverständlich auch an die vom NATO-Partner Türkei.
Das Gelände wartet aber auch mit anderen Attraktionen auf: Es gibt zwei Kettenkarussells (eins für Frauen, eins für Männer) und das absolute Highlight ist eine riesige Holzfaust, die mit großer Wucht immer und immer wieder aus dem Boden gerammt wird. Der sogenannte »Salafister« soll die zahlreichen männlichen Alleinreisenden bei Laune und in Schach halten. Wer ihn eingehend ausprobiert hat, kann wieder seinen Ohr-, Mund- und Augenschutz aufsetzen und in aller Ruhe in seinem gemütlichen Overall weiter entspannen.
Bei GuAntAnAMO handelt es sich um ein Pilotprojekt. Es soll ausgebaut werden, wenn in einem späteren Schritt die Anhänger der MerkelBewegung ausgeschaltet werden sollen. Die Nutzung der Einrichtung wurde, um Steuergelder zu sparen, multifunktional angelegt. So existiert auf dem Gelände auch ein Bällebad für die unehelichen Kinder Horst Seehofers, die hier an jedem zweiten Wochenende untergebracht werden, und eine Einzelzelle für Markus Söder. Um Kosten zu sparen, wird noch ein Namenssponsor für die C-Arena GuAntAnAMO gesucht. Das C im Namen steht selbstredend für »christlich«.
Ob die Türkei ähnliche Einrichtungen etablieren wird, bleibt abzuwarten. Einige politische Beobachter gehen davon aus, dass Erdogan, um ein solches Vorhaben zu etablieren, viel zu sehr seriöser Bedenkenträger ist. Nicht ohne Grund gibt es in der Türkei bislang keine Ausländermaut oder Initiativen für eine Herdprämie. Für die Türkei kann man also noch ein kleines bisschen Hoffnung haben.