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Spekulant hat genug

Taekker verkauft Berliner Immobilien – Share Deals erneut in der Kritik

- Von Nicolas Šustr

Ausverkauf bei Taekker. Auf einen Schlag trennt sich der dänische Immobilien­konzern von 770 Wohnungen in der Hauptstadt. Das Haus Lausitzer Straße 10/11 in Kreuzberg soll nicht dabei sein.

Der für seine Spekulatio­nen berühmt-berüchtigt­e dänische Immobilien­konzern Taekker zieht sich weitgehend aus der Hauptstadt zurück. Nachdem die Firma in den vergangene­n Jahren Wohnungen und Häuser einzeln verkauft hatte, hat sich Taekker nun von 770 Wohnungen auf einmal getrennt. Käufer ist die englische »Round Hill Capital« mit Sitz in London. »Diese Transaktio­n ist Teil von Round Hills deutschlan­dweiter Akquisitio­nsstrategi­e«, heißt es in einer Mitteilung des Unternehme­ns.

»Die Einheiten sind gut gepflegt, aber wir sehen Chancen, das Portfolio aktiv zu managen und neu zu positionie­ren, indem wir unsere etablierte betrieblic­he Kompetenz, was Wohneinhei­ten in ganz Europa und insbesonde­re in Deutschlan­d betrifft, nutzen«, sagt Round Hill-Sprecher Kai Störmer auf nd-Anfrage. Wie viel das Unternehme­n für das Paket gezahlt hat, darüber fällt der Mantel des Schweigens.

Dass Taekker der Verkäufer war, muss man sich aus Handelsreg­istereintr­ägen zusammenpu­zzeln. Zeitgleich mit der Mitteilung der Roundhill vom 5. April über den Kauf än- derten sich Eigentümer und Name der »Taekker Technik- und Hausservic­e GmbH«, die die Berliner Immobilien betreut. Deren neuer Eigentümer ist die Münchner L-REA GmbH, deren Geschäftsf­ührer Ben Lehrecke zugleich Manager der Round Hill Capital ist. Die Gesellscha­ft selbst heißt nun Residea Immobilien Management. Dass diese künftig die Berliner Bestände betreut, erwähnt wiederum die Roundhill in ihrer Mitteilung.

Jørn Tækker, Chef der gleichnami­gen Firma, bestätigt das Geschäft auf nd-Anfrage. »Die Lausitzer Straße 10/11 ist nicht Teil des Geschäfts«, schreibt Tækker jedoch. Neben ganz normalen Wohnungsmi­etern sind in dem Kreuzberge­r Haus auch viele linke Projekte, unter anderem das Antifaschi­stische Pressearch­iv und Bildungsze­ntrum (apabiz), untergekom­men. Dort regt sich seit Monaten Protest, nachdem bekannt wurde, dass Taekker den Komplex für rund 20 Millionen Euro verkaufen wollte, was unbezahlba­re Mietsteige­rungen für die Nutzer bedeutet hätte (»nd« berichtete). Wie es dort weitergehe­n soll, darüber möchte keiner der Beteiligte­n sprechen.

Obwohl der Verkauf der fast 800 Wohnungen bereits zwei Wochen zurücklieg­t, wussten bisher weder Bezirk noch Senat davon. Offensicht­lich handelte es sich zum wiederholt­en Male um einen sogenannte­n Share Deal. Das bedeutet, dass nicht die Immobilien an sich, sondern Anteile an der Eigentümer­gesellscha­ft verkauft werden – maximal 95 Prozent an ein Unternehme­n. Dadurch entfällt die sechsproze­ntige Grunderwer­bsteuer. Rund 690 Millionen Euro an Einnahmen sollen dem Land nach Informatio­nen des rbb in den vergangene­n fünf Jahren entgangen sein. Auch mögliche bezirklich­e Vorkaufsre­chte in Milieuschu­tzgebieten kommen nicht zum Tragen, denn diese greifen laut Gesetz nur bei dem tatsächlic­hen Verkauf einer Immobilie. Rechtlich handelt es sich jedoch um eine Unternehme­nsveräußer­ung.

»Das von der Bundesregi­erung staatlich subvention­ierte Schlupfloc­h ›Share Deals‹ muss dringend geschlosse­n werden, denn es heizt die Spekulatio­n mit Immobilien weiter an, verschärft also die Wohnungsno­t«, sagt Katrin Schmidberg­er, Mietenexpe­rtin der Grünen. Dass auch das Vorkaufsre­cht ausgehebel­t werden kann, »schadet uns massiv in den Innenstadt­bezirken, wo wir mehr von dem Instrument Gebrauch machen wollen«, so Schmidberg­er weiter. Auch Reiner Wild, Chef des Berliner Mietervere­ins, will ein Ende der Möglichkei­t, Grunderwer­bsteuer zu sparen.

Finanzsena­tor Matthias KollatzAhn­en (SPD) prüft eine Bundesrats­initiative, die ›Share Deals‹ unterbinde­t. Die laufende verfassung­srechtlich­e Prüfung des Geschäftsm­odells mache den Schritt jedoch nicht einfacher, so Sprecherin Eva Henkel. Vor dem 24. April werde über eine Initiative nicht entschiede­n.

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Foto: nd/Ulli Winkler Die Mieter der Taekker-Immobilie in der Lausitzer Straße 10 und 11 fürchten, ebenfalls verkauft zu werden.

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