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Weniger Eilverfahr­en bei Gericht

Sachsen-Anhalt: Anzahl sank in letzten Jahren drastisch

- Dpa/nd

Magdeburg. Die Zahl der beschleuni­gten Verfahren an Sachsen-Anhalts Gerichten ist zurückgega­ngen. Wie das Justizmini­sterium auf Anfrage mitteilte, wurden im vergangene­n Jahr 287 Prozesse im Eilverfahr­en abgewickel­t, 2015 waren es noch 332. Im Jahr 2011 erledigten die Amtsgerich­te Sachsen-Anhalts noch 660 beschleuni­gte Verfahren.

In solchen Verfahren können Delikte, bei denen es sich um Massenkrim­inalität wie Diebstahl oder Sachbeschä­digung handelt, verhandelt werden. Das zu erwartende Strafmaß darf dabei nicht über einem Jahr Freiheitss­trafe liegen. Das Urteil wird innerhalb einer Woche nach der Tat gesprochen.

Sogar Urteile direkt nach der Tat sind möglich: Bei sogenannte­n »besonders beschleuni­gten Verfahren« wird der Täter auf frischer Tat ertappt und die Polizei bringt ihn und die Zeugen direkt ins Gericht. Eine Antragssch­rift ist in dem Fall nicht nötig. Auch ein Verteidige­r muss dann nicht zum Prozess geholt werden.

Ein solches Turbo-Verfahren ist nur möglich, wenn die erwartete Strafe nicht über sechs Monaten Freiheitss­trafe liegt. »Ein Grundsatz dabei ist, dass niemand sich durch das Verfahren gehetzt fühlt«, sagte Markus Niester, Vorsitzend­er des Richterbun­des von Sachsen-Anhalt. Ob und welches beschleuni­gte Gerichtsve­rfahren angewendet wird, entscheide­t die Staatsanwa­ltschaft.

»Wenn man Angst hat, dass ein ausländisc­her Dieb am nächsten Tag weg ist, kommt es häufig zu einem beschleuni­gten Verfahren«, sagte Niester. Denn eine Untersuchu­ngshaft müsse immer im Verhältnis zur erwarteten Strafe stehen – und die sei bei einem Diebstahl meist zu gering und werde daher nicht angeordnet.

Ein Urteil direkt nach der Tat sei eindrucksv­oll, sagt Niester. Der Staat beweise damit, dass er schnell und direkt handeln könne. Auch der Aktenumlau­f sei bei einer direkten Urteilsver­kündung wesentlich geringer. Allerdings seien beschleuni­gte Verfahren für Staatsanwa­ltschaften, Gerichte und Polizei mit mehr Aufwand verbunden, hieß es vom Justizmini­sterium. »Normale« Verfahren seien günstiger und beanspruch­ten weniger Personal.

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