Der besondere Sonderfall Finanzamt
Beim Fiskus will Thüringen kaum noch Personal sparen
Diese Zahl müssen wohl viele Menschen mehrfach lesen, um sie laut vorlesen zu können: 6 638 056 934,32 Euro. So viel Geld haben Thüringens Finanzämter im Freistaat 2016 von den Menschen im Land eingetrieben oder – wie Thüringens Finanzministerin Heike Taubert (SPD) es jüngst in Erfurt formulierte – »eingeworben«. 2015 lag das Steueraufkommen in Thüringen den Behördenangaben zufolge bei unter 6,5 Milliarden Euro, 2014 sogar unter sechs Milliarden Euro.
Das meiste Geld nimmt der Freistaat mit der Lohnsteuer und der Umsatzsteuer ein. Verwaltet werden diese Einnahmen von etwa 2600 Mitarbeitern in den Thüringer Finanzämtern, die nach Angaben des Thüringer Finanzministeriums zu etwa 80 Prozent Frauen sind. Und auch wenn in der gesamten Landesverwaltung bis 2025 noch genau 5377 Stellen gestrichen werden müssen, wird die Zahl der Steuereintreiber in Thüringen in diesem Zeitfenster doch nicht signifikant sinken. Gerade einmal 199 Stellen müssen nach dem beschlossenen Personalentwicklungskonzept der rot-rot-grünen Landesregierung noch im Geschäftsbereich des Finanzministeriums abgebaut werden – zu welchem neben allem, was mit Steuern zu tun hat, auch das Landesrechenzentrum gehört.
Eine Sprecherin Tauberts sagt, für den noch zu leistenden Stellenabbau im Finanzbereich kämen vor allem solche Aufgaben in Betracht, die im Geschäftsbereich des Ressorts nur befristet erledigt würden – wie etwa der Aufbau der digitalen Verwaltung im Land. »Hierzu zählen aber gerade nicht die originären Daueraufgaben der Finanzämter, wie zum Beispiel Veranlagung, Betriebsprüfung und Steuerfahndung.« Meint: Im Kernbereich des staatlichen Geldeintreibens wird Thüringen in den kommenden Jahren gegenüber dem Stand von heute kaum Personal sparen.
Bei Lehrern und Polizisten will der Freistaat also sparen, nicht aber bei denen, die das Geld fürs Land eintreiben? Dem widerspricht das Finanzministerium nachdrücklich. Zum einen dürfe man nicht vergessen, dass in dessen Geschäftsbereich zwischen 2012 und 2015 bereits 397 Stellen gestrichen worden seien. Im vergangenen Jahr seien zudem in Tauberts Verantwortungsbereich 39 Posten weggefallen, in diesem Jahr sei der Wegfall von 60 weiteren Stellen geplant. »Da hat das Finanzministerium seine Hausaufgaben schon gemacht.«
Was die Ministerin ähnlich umschreibt: Ihr Ressort habe beim Personalabbau ja auch eine Vorbild-Funktion, weil seine Vertreter gegenüber anderen Ministerien darauf drängten, den beschlossenen Personalabbau auch dort voranzutreiben.
Zweitens, sagt ihr Sprecher, sei die Personalstärke bei der Finanzverwaltung doch gar nicht mit der bei der Polizei oder den Schulen vergleichbar – auch wenn jeder, dem das Finanzamt regelmäßig Briefe schreibt, einen subjektiv anderen Eindruck haben mag. »In der Steuerverwaltung hatten wir einfach nicht den hohen Personalüberhang wie im Bildungsbereich oder der Polizei«, sagt er. »Wir waren da schon immer näher dran am durchschnittlichen Personalbestand der westdeutschen Flächenländer, an dem wir uns jetzt mit dem aktuellen Personalentwicklungskonzept orientieren.«
Nur mit der Steuerkraft ist Thüringen eben noch längst nicht da, wo westdeutsche Vergleichsländern sind. Auch nicht bei einem Steueraufkommen von etwa 6,6 Milliarden Euro.