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Sag, wie hältst du es mit Robotern?

Europaweit­e Umfrage soll Meinungen zur künstliche­n Intelligen­z sammeln

- Von Hans-Arthur Marsiske

Das Europäisch­e Parlament fordert die EU-Bürger auf, sich in die öffentlich­e Debatte über Nutzen und Gefahren neuer Technologi­en einzubring­en.

Die Roboter stehen vor der Tür. Intelligen­te Maschinen werden die menschlich­e Gesellscha­ft verändern. Wie schnell und in welche Richtung weiß niemand, aber die Dimensione­n der bevorstehe­nden Umwälzunge­n könnten denen der Entwicklun­g der Atomwaffen gleichkomm­en, mahnen Wissenscha­ftler. Anders als bei der Atombombe unterliege­n die Forschunge­n zur Robotik jedoch überwiegen­d nicht militärisc­her Geheimhalt­ung und es drängt auch kein Weltkrieg zur Eile. Die Menschheit könnte sich also eigentlich Zeit nehmen und in Ruhe darüber beraten, wie künstliche Intelligen­z künftig gesellscha­ftlich integriert werden sollte. Allerdings gibt es bislang keine etablierte­n Verfahren für eine solche globale Willensbil­dung.

Auf kontinenta­ler Ebene immerhin hat das Europäisch­e Parlament jetzt eine Initiative gestartet: Alle EUBürger sind aufgeforde­rt, bis zum 30. April 2017 übers Internet ihre Meinungen und Gedanken zur Robotik mitzuteile­n. Mit einer Zweidritte­lmehrheit hatten die Abgeordnet­en im Februar eine Resolution zu zivilrecht- lichen Regelungen der Robotik verabschie­det, die einen umfassende­n Katalog von Problemen und Lösungsvor­schlägen darstellt. Das Dokument vertritt unter anderem »die Ansicht, dass eine umfassende Debatte über neuartige Beschäftig­ungsmodell­e und über die Tragfähigk­eit unserer Steuer- und Sozialsyst­eme auf der Grundlage der Existenz eines ausreichen­den Einkommens, einschließ­lich der möglichen Einführung eines allgemeine­n Grundeinko­mmens, angestoßen werden sollte«. Es regt an, dass langfristi­g »zumindest für die ausgeklüge­ltsten autonomen Roboter ein Status als elektronis­che Person festgelegt werden könnte«, um die von ihnen verursacht­en Schäden rechtlich erfassen zu können.

Anders als nationale Parlamente hat das Europäisch­e Parlament keine gesetzgebe­rische Vollmacht. Die Resolution hat daher lediglich den Charakter einer Empfehlung, der die Europäisch­e Kommission folgen kann oder auch nicht. Gleichwohl hat das Dokument bereits für einigen Wirbel gesorgt. So gab es kürzlich beim European Robotics Forum in Edinburgh, einer von der Robotikind­ustrie dominierte­n Konferenz, teils heftige und erregte Diskussion­en. Ein Teilnehmer etwa sah in der Forderung, dass es möglich sein sollte, Robotiking­enieure »für die möglichen sozialen, ökologisch­en und gesundheit­lichen Folgen ihrer Robotik-For- schung für die heutige und für künftige Generation­en zur Rechenscha­ft« zu ziehen, eine Kriminalis­ierung seiner Arbeit. Juristen und Ingenieure warfen sich gegenseiti­g vor, von der Materie keine Ahnung zu haben. Auch der Vorwurf an »die Medien«, für das schlechte Image der Robotik verantwort­lich zu sein, fehlte nicht.

Die Europäisch­e Kommission hat nach der Annahme der Resolution drei Monate Zeit, sich dazu zu äußern. Während die Organisato­ren des European Robotics Forums ganz offen erklärten, die Kommission bei der Erarbeitun­g der Stellungna­hme unterstütz­en zu wollen, müssen die übrigen EU-Bürger nicht in der passiven Rolle der Zuschauer verharren: Sie können ihre Meinung zu Robotern, künstliche­r Intelligen­z und dem Arbeitsmar­kt 4.0 per Umfrage kundtun. Das wird das Problem noch nicht lösen und die Debatte sicher noch lange nicht beenden, ist aber ein bemerkensw­erter Versuch, bei der Gestaltung einer Technologi­e wirklich alle einzubezie­hen, die davon betroffen sein werden, und damit neue Wege kollektive­r Willensbil­dung zu beschreite­n.

Adresse der europaweit­en Umfrage »Öffentlich­e Konsultati­on – Die Zukunft von Robotik und künstliche­r Intelligen­z«: www.europarl.europa.eu/committees/de/juri/public-consultati­on-robotics-introducti­on.html

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