Sag, wie hältst du es mit Robotern?
Europaweite Umfrage soll Meinungen zur künstlichen Intelligenz sammeln
Das Europäische Parlament fordert die EU-Bürger auf, sich in die öffentliche Debatte über Nutzen und Gefahren neuer Technologien einzubringen.
Die Roboter stehen vor der Tür. Intelligente Maschinen werden die menschliche Gesellschaft verändern. Wie schnell und in welche Richtung weiß niemand, aber die Dimensionen der bevorstehenden Umwälzungen könnten denen der Entwicklung der Atomwaffen gleichkommen, mahnen Wissenschaftler. Anders als bei der Atombombe unterliegen die Forschungen zur Robotik jedoch überwiegend nicht militärischer Geheimhaltung und es drängt auch kein Weltkrieg zur Eile. Die Menschheit könnte sich also eigentlich Zeit nehmen und in Ruhe darüber beraten, wie künstliche Intelligenz künftig gesellschaftlich integriert werden sollte. Allerdings gibt es bislang keine etablierten Verfahren für eine solche globale Willensbildung.
Auf kontinentaler Ebene immerhin hat das Europäische Parlament jetzt eine Initiative gestartet: Alle EUBürger sind aufgefordert, bis zum 30. April 2017 übers Internet ihre Meinungen und Gedanken zur Robotik mitzuteilen. Mit einer Zweidrittelmehrheit hatten die Abgeordneten im Februar eine Resolution zu zivilrecht- lichen Regelungen der Robotik verabschiedet, die einen umfassenden Katalog von Problemen und Lösungsvorschlägen darstellt. Das Dokument vertritt unter anderem »die Ansicht, dass eine umfassende Debatte über neuartige Beschäftigungsmodelle und über die Tragfähigkeit unserer Steuer- und Sozialsysteme auf der Grundlage der Existenz eines ausreichenden Einkommens, einschließlich der möglichen Einführung eines allgemeinen Grundeinkommens, angestoßen werden sollte«. Es regt an, dass langfristig »zumindest für die ausgeklügeltsten autonomen Roboter ein Status als elektronische Person festgelegt werden könnte«, um die von ihnen verursachten Schäden rechtlich erfassen zu können.
Anders als nationale Parlamente hat das Europäische Parlament keine gesetzgeberische Vollmacht. Die Resolution hat daher lediglich den Charakter einer Empfehlung, der die Europäische Kommission folgen kann oder auch nicht. Gleichwohl hat das Dokument bereits für einigen Wirbel gesorgt. So gab es kürzlich beim European Robotics Forum in Edinburgh, einer von der Robotikindustrie dominierten Konferenz, teils heftige und erregte Diskussionen. Ein Teilnehmer etwa sah in der Forderung, dass es möglich sein sollte, Robotikingenieure »für die möglichen sozialen, ökologischen und gesundheitlichen Folgen ihrer Robotik-For- schung für die heutige und für künftige Generationen zur Rechenschaft« zu ziehen, eine Kriminalisierung seiner Arbeit. Juristen und Ingenieure warfen sich gegenseitig vor, von der Materie keine Ahnung zu haben. Auch der Vorwurf an »die Medien«, für das schlechte Image der Robotik verantwortlich zu sein, fehlte nicht.
Die Europäische Kommission hat nach der Annahme der Resolution drei Monate Zeit, sich dazu zu äußern. Während die Organisatoren des European Robotics Forums ganz offen erklärten, die Kommission bei der Erarbeitung der Stellungnahme unterstützen zu wollen, müssen die übrigen EU-Bürger nicht in der passiven Rolle der Zuschauer verharren: Sie können ihre Meinung zu Robotern, künstlicher Intelligenz und dem Arbeitsmarkt 4.0 per Umfrage kundtun. Das wird das Problem noch nicht lösen und die Debatte sicher noch lange nicht beenden, ist aber ein bemerkenswerter Versuch, bei der Gestaltung einer Technologie wirklich alle einzubeziehen, die davon betroffen sein werden, und damit neue Wege kollektiver Willensbildung zu beschreiten.
Adresse der europaweiten Umfrage »Öffentliche Konsultation – Die Zukunft von Robotik und künstlicher Intelligenz«: www.europarl.europa.eu/committees/de/juri/public-consultation-robotics-introduction.html