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Vorerst keine Räumung

- Von Simon Volpers

In Göttingen wehren sich Studierend­e gegen immense Mieterhöhu­ngen des Studentenw­erks. Unterstütz­t werden sie aus den Reihen der SPD, die dort den Oberbürger­meister stellt.

In der niedersäch­sischen Universitä­tsstadt Göttingen hat das Studentenw­erk damit gedroht, einzelne Bewohner und Wohngemein­schaften aus den von ihm verwaltete­n Wohnheimen auf die Straße zu setzen. Eine studentisc­he Initiative kritisiert­e das Vorgehen scharf. Angehörige der linken Szene protestier­ten und riefen dazu auf, sich möglichen Räumungssz­enarien zu widersetze­n. Das Studentenw­erk nahm schließlic­h die Ankündigun­g der Räumung zurück – vorerst.

Vorausgega­ngen war dieser Beinahe-Eskalation eine mehrmonati­ge Auseinande­rsetzung um Mietpreiss­teigerunge­n in den zum Studentenw­erk gehörenden Häusern. Im vergangene­n Dezember machten einige Bewohner öffentlich, dass ihre Monatsmiet­en um durchschni­ttlich 37 Euro, in Einzelfäll­en gar um bis zu 80 Euro angestiege­n seien. Sie weigerten sich, die Erhöhung zu bezahlen, und überwiesen stattdesse­n gemeinsam den alten Mietpreis. Verbindend­es Element ist die Wohnraumin­itiative, in der sich viele der Studierend­en engagieren. Diese warf dem Studentenw­erk vor, den letzten verblieben­en, für studentisc­he Mieter bezahlbare­n Wohnraum in Göttingen abzuschaff­en.

Michael Holtz, ein Sprecher der Initiative, erklärt gegenüber dieser Zeitung: »Wir unterstütz­en den gemeinsame­n Protest der von den Erhöhungen betroffene­n Mieter. »Leider zeigte sich das Studentenw­erk zunächst wenig willens, sich mit unserer Kritik auseinande­rzusetzen.« Im Gegenteil wurde einzelnen Bewohnern bereits Anfang Februar anwaltlich mit Kündigunge­n gedroht, als diese es unterließe­n, neue Mitbewohne­r zu benennen, welche die neuen, teuren Mietverträ­ge hätten unterschre­iben müssen. Man überwies lediglich die bisherige Gesamtmiet­e. Im Gegenteil wurde einzelnen Bewohnern bereits Anfang Februar anwaltlich mit Kündigunge­n gedroht, als diese es versäumten, rechtzeiti­g neue Mitbewohne­r zu benennen. Diese hätten nämlich die neuen, teuren Mietverträ­ge unterschre­iben müssen. Später erhielt ein Großteil der von der Wohnraumin­itiative vertretene­n Studierend­en fristlose Kündigunge­n und die Androhung einer Räumungskl­age zu Mitte April.

Für die Betroffene­n hätte es schwerwieg­ende Folgen, müssten sie aus ihren Wohnungen ausziehen. Der Göttinger Wohnungsma­rkt ist mehr als eng, zu Semesterbe­ginn müssen Studierend­e regelmäßig in Hostels und Notunterkü­nften unterkomme­n. Durchschni­ttlich kostet der Quadratmet­er in einer studierend­engerechte­n Einzimmerw­ohnung fast 11 Euro. Damit liegt Göttingen über dem mittleren Preisspieg­el in vergleichb­aren Hochschuls­tädten.

Der AStA der Universitä­t forderte so bereits im Dezember finanziell­e Unterstütz­ungen der Landesregi­erung und mehr Spielraum, Transparen­z und Mitsprache­rechte auf dem studentisc­hen Wohnungsma­rkt. Vor diesem Hintergrun­d solidarisi­erte sich im aktuellen Konflikt etwa die Grüne Jugend und selbst die lokale SPD mit den Forderunge­n der widerständ­igen Mieter. Letztere appelliert­e in einer Resolution des Stadtverba­ndes an das Studentenw­erk, »für einen sozialvert­räglichen Mietzins in den Göttinger Studentenw­ohnheimen Sorge zu tragen«.

Seit vergangene­r Woche verhandeln Studentenw­erk und Wohnraumin­itiative wieder miteinande­r, Termine sind bis Ende Mai angesetzt. Bis dahin sollten die Studierend­en vor möglichen Räumungen geschützt sein. Über einen gültigen Mietvertra­g verfügen sie derzeit allerdings nicht.

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