Tütenverbrauch pro Kopf auf 68 gesunken
Fragen & Antworten zum Abschied von der Einkaufsplastiktüte
Sie sind leicht und halbwegs stabil. Notfalls taugen sie auch als Schutz für den Fahrradsattel. Die Rede ist von den im Handel üblichen Einkaufsplastiktüten, deren Image ansonsten nicht gut ist. Nun sind die Plastiktüten auf dem Rückzug. Super für die Umwelt – oder?
Es ist im Einkaufsalltag nicht zu übersehen: Mehr und mehr verbannen Supermarktketten wie Rewe, Edeka, Real oder Lidl die Plastiktüten. Penny belohnt ihre Kunden, die eine bestimmte Penny-Mehrwegtasche mitbringen, sogar mit zehn Cent. Umsonst gibt es mittlerweile die zwar praktischen, aber umweltschädlichen Plastiktüten sowieso immer seltener.
Warum sind die Plastiktüten aus der Mode?
Die EU hat schon vor einiger Zeit das Ziel ausgerufen, europaweit den Verbrauch zu senken. Vor gut einem Jahr schlossen daraufhin hierzulande das Bun- desumweltministerium und der Handel eine freiwillige Vereinbarung, der zufolge Plastiktüten nicht mehr umsonst sein sollen. Daraufhin verbannte Rewe die Plastiktragetaschen komplett. Andere Handelsketten folgten mit Tütenverzicht.
Wie stark ist der Tütenverbrauch zurückgegangen?
Eine genaue Analyse will das Bundesumweltministerium im April vorlegen. Bei der freiwilligen Vereinbarung sind nach Angaben des Handelsverbands Deutschland (HDE) gegenwärtig über 350 Unternehmen dabei, die etwa 41 Prozent des Einzelhandels abdecken. Ziel sind allerdings 80 Prozent. Der HDE verweist in diesem Zusammenhang auf eine Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) für 2015, wonach der Tütenverbrauch pro Kopf und Jahr auf 68 Stück gesunken sei. Zum Vergleich: Der EU-Durchschnitt liegt gegenwärtig bei knapp 200 Stück. Hat Deutschland überhaupt ein Problem mit Plastiktüten? Jedenfalls kein gewaltiges, wie Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) versichert. Denn in Deutschland gelangen kaum Plastiktüten in Flüsse oder ins Meer. Außerdem lag der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland schon vor der Selbstverpflichtung unter der EU-Zielvorgabe für 2019. Die Richtlinie aus Brüssel gibt vor, dass bis Ende 2019 jährlich maximal 90 und bis Ende 2025 maximal 40 Stück pro Kopf und Jahr verbraucht werden sollen.
Sind andere Tragetaschen wirklich besser für die Umwelt als die Plastiktüten? Nicht unbedingt. »Es ist nichts gewonnen, wenn wir Plastiktüten nun durch Einweg-Papiertüten ersetzen«, sagt Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe. Zwar blieben sie nicht so lange in der Umwelt wie Plastiktüten, aber beim Ressourcen- und Energieverbrauch schnitten sie noch schlechter ab. Ein Baumwollbeutel ist dem Naturschutzbund NABU zufolge nur dann umweltfreundlicher als eine Kunststofftüte, wenn man ihn mehr als 100 Mal benutzt. Die Bio-Plastiktüten haben demnach keinen ökologischen Vorteil.
Wie zufrieden sind die Umweltverbände mit Handel und Politik?
Zum einen loben sie grundsätzlich die Initiative, die Plastiktüten zu verbannen. Zum anderen machen sie Einschränkungen, auf die Katharina Istel vom NABU verweist: »Im Lebensmitteleinzelhandel gibt es noch großen Handlungsbedarf bei frischen Produkten wie Obst und Gemüse sowie bei Getränken in Einweg-Plastikflaschen und im To-Go-Geschäft.« NABU fordert daher, dass der Handel Mehrwegtaschen für die Kunden besser sichtbarer platzieren sollte. Und die Politik sollte statt einer freiwilligen Vereinbarung mit dem Handel eine Abgabe auf Plastiktüten einführen. dpa/nd