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Rote Linien sollen leuchten

Grüne Jugend warnt die Mutterpart­ei vor »faulen Kompromiss­en« in möglichen Koalitions­gesprächen

- Von Aert van Riel

Koalitions­debatten sollen aus Sicht führender Grüner vor der Bundestags­wahl vermieden werden. Politiker vom linken Flügel fordern dagegen, die Regierungs­beteiligun­g an Bedingunge­n zu knüpfen.

Die Parteispit­ze der Grünen will sich vor der Bundestags­wahl viele Koalitions­optionen offen halten. Nur ein Bündnis mit der rechten AfD ist für sie ausgeschlo­ssen. Als wahrschein­lich gilt, dass die eher konservati­ven Spitzenkan­didaten, Parteichef Cem Özdemir und die Fraktionsv­orsitzende Katrin Göring-Eckardt, eine Zusammenar­beit mit der Union präferiere­n würden. Nach aktuellen Umfragen müsste noch die FDP mit ins Boot geholt werden, um eine gemeinsame Mehrheit zu erhalten.

Politiker vom linken Flügel der Grünen sind von solchen Vorhaben nicht begeistert. Bereits im vergan- genen Jahr hatte die Grüne Jugend Koalitione­n mit der CSU per Beschluss eine Absage erteilt und die Politik der bayerische­n Partei als rassistisc­h und nationalis­tisch eingestuft. Nun will die Jugendorga­nisation an diesem Wochenende bei ihrem Bundeskong­ress in Heidelberg Bedingunge­n für eine Regierungs­beteiligun­g im Bund formuliere­n. Aus Sicht der Grünen Jugend dürfen dabei einige rote Linien nicht überschrit­ten werden. Im Leitantrag des Bundesvors­tands des Parteinach­wuchses, dem etwa 8000 Menschen bis zum Alter von 28 Jahren angehören, heißt es zudem, dass sich die Partei »in möglichen Koalitions­verhandlun­gen nicht auf faule Kompromiss­e« einlassen dürfe.

Die beiden Bundesspre­cher Jamila Schäfer und Moritz Heuberger erklärten am Donnerstag vor Journalist­en, dass die Grünen mehr Mut zur Zuspitzung haben müssten. Zudem beklagten sie »einen gewissen Pro- filverlust der Partei «. Wichtigste Ziele im Programm prozess und in möglichenK­oalit ions gesprächen sind laut ihrem Leitantrag unter anderem die Rücknahme des Flüchtling­sdeals der EU mit der Türkei und der Asylrechts verschärfu­ngen in den vergangene­n Jahren. Stattdesse­n werden humanitäre Visa und legale Fluchtwege gefordert. Zudem verlangt die Grüne Jugend die Abschaffun­g der Hartz-IV-Sanktionen sowie die Einführung einer M indes tausbildun­gs vergütung. Mit der Union wäre eine Einigung bei diesen Punkten praktisch ausgeschlo­ssen.

Die roten Linien der Parteispit­ze sind bislang blasser. Sie hatte versproche­n, in keinem Fall einer Obergrenze bei der Aufnahme von Flüchtling­en zuzustimme­n, wie sie die CSU fordert. Von führenden Grünen war außerdem zu hören, dass sie nicht auf die Beteiligun­g deutscher Soldatena nUN-Einsätzen zur» Friedenssi­cherung« verzichten wollen. Dies würde gegen eine Koalition mit der LINKEN sprechen.

Noch ist offen, welche Anliegen des Jugendverb­ands beim Berliner Bundespart­eitag der Grünen im Juni diskutiert werden. In der Vergangenh­eit hatte die Grüne Jugend mit anderen Basislinke­n einige Überraschu­ngserfolge erzielt. So erhielt die Forderung nach einem Stopp des Einsatzes von V-Leuten im Verfassung­sschutz auf dem Programmpa­rteitag für die Bundestags­wahl 2013 gegen den Willen der Parteispit­ze eine knappe Mehrheit.

Die Führung der Grünen gilt heute im Vergleich zu damals als noch schwächer. Die Unzufriede­nheit in den eigenen Reihen dürfte wachsen, wenn sich der von Umfrageins­tituten prognostiz­ierte Abwärtstre­nd der Partei bestätigen sollte. Mit wie viel Zuspruch die Grünen noch rechnen können, werden im Mai die Landtagswa­hlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen zeigen.

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