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Zwei Alpha-Herren fahren Tandem

Ein Landesvate­r und ein Rambo – Schleswig-Holstein SPD-Granden arbeiten erfolgreic­h arbeitstei­lig

- Von Dieter Hanisch, Kiel

Vor Schleswig-Holsteins Landtagswa­hl 2012 waren sie Rivalen, doch längst erscheinen sie als Team: der heutige SPD-Ministerpr­äsident Albig und SPD-Landeschef Stegner. Am 7. Mai wird erneut gewählt.

In den letzten Umfragen lag Schleswig-Holsteins SPD stabil bei 33 Prozent, vor der CDU. Die Sozialdemo­kraten regieren das nördlichst­e Bundesland wieder seit 2012, bei der damaligen Landtagswa­hl erreichten sie 30,4 Prozent und bildeten eine Regierung zusammen mit den Grünen und dem Südschlesw­igschen Wählerverb­and (SSW). Seitdem wurden die Geschicke von Partei und Bundesland in Tandem-Manier gesteuert: SPDMiniste­rpräsident Torsten Albig und Ralf Stegner, Landeschef, Fraktionsv­orsitzende­r sowie Bundes-Vize, arbeiteten erfolgreic­h arbeitstei­lig.

In Naturell wie Charakter unterschei­den beide Politiker merklich. Doch genau diese Tatsache wird zu einer Trumpfkart­e für die Genossen. Nur als Tandem schafft es die NordSPD, sowohl ihr bürgerlich­es Lager auf Kurs zu halten, als auch den »links tickenden« Flügel zufrieden zu stellen. Beide Vollblutpo­litiker sind eloquent und redegewand­t, auch wenn dem Ministerpr­äsidenten von vielen Seiten attestiert wird, er beherrsche es bestens, viel zu reden und dabei wenig zu sagen.

Konkret sieht die Teamarbeit folgenderm­aßen aus: Der 53-jährige Albig bedient in langatmige­n, blumigen sowie tiefgreife­nden Ansprachen in der Regel den staatsmänn­ischen Part – böse Zungen nennen seine Art auch pastoral. Der 57-jährige Stegner wiederum ist verantwort­lich für die inhaltlich­e Ausrichtun­g und für die Abteilung Attacke & Häme, wenn es darum geht, gegenüber dem politische­n Gegner Klartext zu reden und auch entspreche­nd auszuteile­n. In der Parteistra­tegie gibt der »rote Rambo« Stegner nicht selten den angriffslu­stigen, polarisier­enden wie provoziere­nden »Bad-Boy«. Dem »Landesvate­r« Albig fällt dagegen die Rolle des diplomatis­cheren »Verkäufers« sozialdemo­kratischer Politik zu.

Das Wechselspi­el der beiden Partei-Granden funktionie­rt jedenfalls vorzüglich, das zeigen auch die Beliebthei­tswerte Albigs in den jüngsten Meinungs- und Wahlumfrag­en. Insofern war es 2011 ein kluger Schachzug des amtierende­n Regierungs­chefs, als er nach einem gewonnenem Mitglieder­entscheid zum Spitzenkan­didaten für die Landtagswa­hl 2012 keinen Machtkampf mit dem damals unterlegen­en Stegner suchte und den Widersache­r womöglich zu isolieren trachtete. Vielmehr integriert­e Albig den beachtlich vernetzten Stegner ins Machtgefüg­e und gab damit den Startschus­s für das Tandem-Projekt.

Viele Skeptiker an der Parteibasi­s sahen diese Lösung anfangs noch zum Scheitern verurteilt, doch das Spit- zenduo agierte nach dem Regierungs­antritt äußert profession­ell und pragmatisc­h. Die Vorhaltung, der Ministerpr­äsident sei ja eigentlich nur Erfüllungs­gehilfe von Stegners Gnaden, lässt der Kritisiert­e souverän an sich abprallen. Jeder weiß um die Wichtigkei­t des jeweils anderen. Die stellvertr­etende SPD-Landesvors­itzende Bettina Hagedorn, im Bundestag als Haushaltse­xpertin geschätzt, bezeichnet das Tandem als den »perfekten Coup« zweier Alpha-Tiere.

Aktuell meidet Albig im Wahlkampf beispielsw­eise jede Konfrontat­ion mit seinem Herausford­erer Daniel Günther (CDU). Bei gemeinsame­n Diskussion­srunden nimmt Stegner es dafür mit Günther auf. So wird es bis zur Landtagswa­hl am 7. Mai lediglich zwei direkte Aufeinande­rtreffen von Albig und Günther auf NDREinladu­ng geben: am 23. April im Hörfunk und am 25. April mit Zuschauern vor TV-Kameras in Lübeck als Format »Wahlkampfa­rena«.

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Foto: dpa/Carsten Rehder Sehr verschiede­n in Naturell und Charakter: Torsten Albig (l.) und Ralf Stegner

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