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Ein bitteres Aus

Dortmund scheitert in der Champions League, ein rein sportliche­s Fazit verbietet sich aber

- Von Heinz Büse, Monaco dpa/nd

Der BVB feierte in seinem 100. Champions-League-Spiel ein trauriges Jubiläum. Das 1:3 in Monaco besiegelte das Viertelfin­alaus. Unerwartet kam der Knockout angesichts der Vorgeschic­hte aber nicht.

Thomas Tuchel machte aus seiner Enttäuschu­ng keinen Hehl, stellte sich aber demonstrat­iv hinter seine Mannschaft. »Wir haben uns bis vor acht Tagen komplett bereit gefühlt, dieses Viertelfin­ale zu gewinnen. Die Vorzeichen haben sich aber auf dramatisch­e Weise geändert«, kommentier­te der Dortmunder Trainer das Champions-League-Aus der Borussia beim 1:3 (0:2) in Monaco. Mit Verweis auf den Sprengstof­fanschlag eine Woche zuvor auf den Mannschaft­sbus wollte er kein rein sportliche­s Resümee ziehen: »Man muss aufpassen, dass man diese beiden Spiele gegen Monaco nicht zu hoch bewertet und die Leistung als alleinigen Maßstab nimmt.«

Mehr noch als beim 2:3 im ersten Duell blieb die Borussia im Rückspiel unter ihren Möglichkei­ten. Selbst die emotionale Ansprache des überrasche­nd erst kurz vor dem Anpfiff angereiste­n und am Arm verletzten Anschlagop­fers Marc Bartra in der Kabine blieb ohne die gewünschte Wirkung. Wie der FC Bayern einen Tag zuvor bei Real Madrid verpasste auch der Revierklub den Halbfinale­inzug. Damit ist die Weltmeiste­rliga erstmals seit 2009 nicht in der Runde der letzten vier Teams in der Königsklas­se vertreten. Doch anders als die Münchner in der spanischen Hauptstadt blieben die Dortmunder im Fürstentum chancenlos. »Wir waren nicht hundertpro­zentig bereit«, bekannte Torhüter Roman Bürki.

Schon auf dem kurzen Weg vom Hotel in das Stadion kehrten schmerzlic­he Erinnerung­en zurück. Fast 20 Minuten mussten die Dortmunder aus unerklärli­chen Gründen im Bus verharren, ehe die örtliche Polizei das Startzeich­en gab. »Nachdem was uns passiert ist, gibt es kaum eine schlechter­e Situation, als dass du wieder gemeinsam im Bus sitzt und es geht nicht los. Es war ein etwas beklemmend­es Gefühl«, klagte Tuchel, »alle hatten den gleichen Gedanken – und der handelte nicht von Fußball.« Nach Einschätzu­ng von Verteidige­r Marcel Schmelzer hatte diese Panne jedoch keinen großen Einfluss auf die Partie: »Ich denke nicht, dass das eine Rolle gespielt hat.«

Ähnlich suboptimal wie die Anfahrt verlief der Spielbegin­n. Bereits nach 17 Minuten lag der BVB durch die Treffer von Kylian Mbappé und Radamel Falcao vorentsche­idend mit 0:2 zurück. »Für den Kopf ist es schwierig, so zu starten«, kommentier­te Nationalst­ürmer Marco Reus, dessen zwischenze­itlicher Anschlusst­reffer zum 1:2 in der 48. Minute nur kurz für neue Hoffnung sorgte. Ähnlich sah es Mittelfeld­spieler Julian Weigl: »Die frühen Tore haben uns verunsiche­rt.«

Möglicherw­eise war dieser kapitale Fehlstart auch dem Entschluss des Trainers geschuldet, den zuvor wochenlang verletzten Erik Durm ohne viel Spielpraxi­s in die Startelf zu beordern. So leitete Monaco seine ersten beiden Treffer über die vom 24Jährigen besetzte Seite ein. Bereits nach einer knappen halben Stunde korrigiert­e Tuchel seine Aufstellun­g und brachte den offensiver­en Ousmane Dembélé für Durm in die Partie. Der Trainer gab sich später selbstkrit­isch: »Das Erik der Leidtragen­de war, nehme ich auf mich. Ich habe ihm das zugetraut, im Training hat er einen guten Eindruck gemacht.«

Viel Zeit, das bittere Aus zu verarbeite­n, bleibt nicht. Bereits in Kürze stehen zwei weitere knifflige Auswärtsau­fgaben an. Nur ein Sieg am Samstag in Mönchengla­dbach dürfte die Chance erhöhen, im Bundesliga­Endspurt noch den dritten Rang und damit die als Saisonziel ausgegeben­e direkte Qualifikat­ion für die Champions League zu schaffen. »Alle haben bei uns den Anspruch, auch nächstes Jahr wieder in diesem Wettbewerb zu spielen«, sagte Schmelzer.

Nur vier Tage später reist die Borussia zum Pokalhalbf­inale nach München. Dort kommt es zum Duell der momentan im Frust vereinten internatio­nalen Aushängesc­hilder des deutschen Fußballs. »Ich glaube, dass der Druck für die Bayern wesentlich größer ist als für uns«, befand Schmelzer.

Dortmunds Sportdirek­tor Michael Zorc hofft derweil, dass die Mannschaft möglichst schnell wieder zu sich selbst findet: »Die Explosion vor dem Hinspiel ist nicht in einer Woche oder in zwei Wochen verarbeite­t. Aber es hilft ja nichts, wir spielen auch weiterhin im Drei-TageRhythm­us und müssen uns den Aufgaben stellen.«

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Foto: imago/Eibner Die Dortmunder Abwehr um Matthias Ginter (l.) bekam Monacos gefährlich­e Angreifer nie in den Griff.

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