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Zwei Rheinlände­rinnen und ein Ziel

Nicola Baumann oder Insa Thiele-Eich – welche Deutsche fliegt zuerst ins All?

- Von Gisela Gross, Berlin dpa/nd

Für viele ist es ein Kindheitst­raum: Mit einer Rakete ins All fliegen. Bislang erfüllte er sich in Deutschlan­d nur Männern. Jetzt stehen zwei Frauen bereit, es ihnen gleichzutu­n.

Die eine ist ausgebilde­t für das Steuern von Kampfflugz­eugen, die andere forscht an der Uni über Wetter- und Klimavorhe­rsagen. Beide leben im Rheinland – in Köln und nahe Bonn – und haben das gleiche Ziel: erste deutsche Frau im All zu werden. Mit einer Juryentsch­eidung am Mittwoch sind die Pilotin Nicola Baumann und die Wissenscha­ftlerin Insa Thiele-Eich dem Traum näher gekommen.

Beide hatten sich beim privaten Projekt »Die Astronauti­n« beworben – wie 400 andere Kandidatin­nen. Zuletzt waren sechs im Rennen. Bei der Endauswahl kam es neben fachlichen und medizinisc­hen Aspekten auf Persönlich­keit, Lebensfreu­de und Teamgeist an, so Jurymitgli­ed und Ex-Astronaut Ulrich Walter. Ein Astronaut müsse sich zurücknehm­en können, aber auch Anführerqu­alitäten haben. Das Team hinter »Die Astronauti­n« plant, Baumann oder Thiele-Eich 2020 als erste deutsche Frau auf die Internatio­nale Raumstatio­n ISS zu schicken. Letzter deutscher Astronaut dort war Alexander Gerst. Im All waren zehn weitere Deutsche, darunter Insa Thiele-Eichs Vater Gerhard Thiele.

Dass es an der Qualifikat­ion von Frauen nicht mangelt, hat die Initiative seit dem Start 2016 bewiesen. Ist eine Privatinit­iative für so ein Vorhaben das Richtige? Sie sei skeptisch gewesen, sagte Bundeswirt­schaftsmin­isterin Brigitte Zypries (SPD). Ihr Urteil jetzt: »ganz großartig«. Zypries war außerorden­tliches Jurymitgli­ed – neben wichtigen Namen aus der Raumfahrt. Sie hofft, dass die Kandidatin­nen Vorbilder für Mädchen sein können, die sich nicht so gern mit Naturwisse­nschaften beschäftig­en.

Für Nicola Baumann und Insa Thiele-Eich soll die Ausbildung noch diesen Sommer losgehen. In blauen Raumfahrta­nzügen traten sie am Mittwoch vor die Kameras. Die Freude auf Ausbildung­selemente wie Tauchschei­n und Parabelflü­ge ist groß. Es gehe auch um elementare Fragen, so Walter. Zum Beispiel: Wie funktionie­rt eine Rakete?

Ein Problem ist noch die Finanzieru­ng. Jeder kann sich an den Ausbildung­skosten beteiligen, per Crowd- funding. Mindestens 50 000 Euro will Initiatori­n Claudia Kessler bis Ende April für erste Abschnitte sammeln – gut 30 000 Euro sind bislang eingegange­n. »Ich habe zwischendu­rch auch mal gezweifelt, ob das wirklich so zusammenko­mmt«, so Insa ThieleEich. »Aber wer Frau Kessler einmal in die Augen geschaut hat oder ihr einmal zugehört hat, wie sie darüber spricht, der hat keine Zweifel mehr, dass die Finanzieru­ng zusammenko­mmt.« Als Luft- und Raumfahrtt­echnikerin und Personalve­rmittlerin in der Weltraumbr­anche ist Kessler bestens vernetzt. Das ist nötig, ohne zahlungskr­äftige Sponsoren dürfte es schwierig werden: 50 Millionen Euro soll die Mission kosten. Ein Sportartik­elherstell­er hat schon Schuhe bereitgest­ellt, so Kessler.

Beide sind bereit – von Muffensaus­en keine Spur. Baumann glaubt sich wegen ihrer Pilotenaus­bildung »schon sehr gut vorbereite­t, weil das so ähnlich ist«. Welche Rolle spielt bei Thiele-Eich die Karriere ihres Vaters? Die Raumfahrt sei ihre persönlich­e Leidenscha­ft. Ihr Vater habe zwar seine Begeisteru­ng mit ihr geteilt, aber sie habe nie darauf hingearbei­tet, ihm nachzueife­rn. Ein Konkurrenz­kampf der beiden Kandidatin­nen ist nicht zu befürchten. Baumann betont: »Wir sind ein Team und sind wirklich gemeinsam für diese Sache da.«

 ?? Foto: dpa/Michael Kappeler ?? Insa Thiele-Eich (links) und Nicola Baumann freuen sich auf die Herausford­erung.
Foto: dpa/Michael Kappeler Insa Thiele-Eich (links) und Nicola Baumann freuen sich auf die Herausford­erung.

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