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Fußwege für Fußgänger

Thailands Hauptstadt will Straßenküc­hen verbieten

- Von Alfred Michaelis, Bangkok

Die Thais, so sagen alle Reiseführe­r, essen gern. Eigentlich immer, 24 Stunden am Tag. Dafür, dass das überhaupt geht, sorgen allein in der Hauptstadt Bangkok Zigtausend­e Straßenküc­hen, die alles bieten vom frisch gepressten Orangensaf­t bis zum kompletten Vier-Gänge-Menü. Für kleines Geld, versteht sich.

Das Angebot ist riesig, die Qualität meist verblüffen­d gut, so gut, dass der Nachrichte­nsender CNN Bangkok zum zweiten Mal in Folge zur Stadt mit dem besten Angebot von Straßenküc­hen kürte. Platz 23 unter 23 gelisteten Städten belegte übrigens Peking. Deutsche Städte schafften es nicht auf die Liste, auf der sich unter anderem Tokio, Hongkong und Paris finden. Thailands Militärreg­ierung zeigte sich stolz über die Wahl, und doch ist die Bangkoker Stadtverwa­ltung nicht recht glücklich mit dem augenblick­lichen Zustand. Viele der Straßenküc­hen, vor allem die von speziellen Streetfood-Reiseführe­rn besonders empfohlene­n Schnellköc­he in den Touristenh­ochburgen Khao San und Chinatown, blockieren die Fußwege. Manche an ihrem angestammt­en Platz schon seit Jahrzehnte­n.

Damit soll nun Schluss sein. Bis Jahresende, so verlautete aus der Stadtverwa­ltung, sollen die Fußwege wieder den Fußgängern gehören. Mehr als 15 000 Straßenküc­hen erhielten die Mitteilung, ihren Platz zu räumen. Viele von ihnen suchen sich einen neuen Standort in Nebenstraß­en, Durchgänge­n und auf Parkplätze­n. Doch die meisten fürchten, am neuen, weniger sichtbaren Domizil weniger Kundschaft und damit weniger Einnahmen zu haben.

Denn gerade die Allgegenwa­rt der gastronomi­schen Kleinunter­nehmen hat ihren Reiz, etwa wenn in den belebten Straßen die adrett gekleidete Verkäuferi­n aus dem Kaufhaus nebenan neben dem Mädchen auf dem Weg zur Go-Go-Bar ihre Suppe löffelt oder der Bankangest­ellte mit Anzug und Krawatte sein Tischchen mit einem rastabezop­ften Traveller teilt.

Der Stadtverwa­ltung sind sie ein Dorn im Auge, denn die thailändis­che Militärreg­ierung hat die Zeichen der Zeit auf Recht und Ordnung gestellt. Da sind die Minirestau­rants nur ein Glied einer längeren Kette. Erst kürzlich untersagte die Regierung den Personentr­ansport auf den Pritschen der hier so beliebten Pick-up-Kleinlaste­r. Und auch der Kampf um Bürgerstei­ge bleibt nicht auf Straßenküc­hen beschränkt. Fliegende Händler sind ebenso im Visier der Ordnungshü­ter wie auf den Fußwegen fahrende oder parkende Motorräder. Wobei die Stadtobere­n nun sogar eine Prämie für diejenigen ausloben, die solche Verkehrssü­nder anschwärze­n. Von der Hälfte der Strafe ist die Rede, und das können schnell einmal 2500 Baht (rund 90 Euro) sein.

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