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Deutschlan­d überzieht sein Umweltkont­o

- Martin Ling über Schäuble und den deutschen Erdüberlas­tungstag

»Nur wenn wir nach multilater­alen Lösungen suchen, haben wir die Chance, die Probleme der Welt zu lösen.« Diese Aussage von Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble vor der CarnegieSt­iftung in Washington rund um die Frühjahrst­agung von IWF und Weltbank ist so richtig wie aus seinem Mund unglaubwür­dig.

Die multilater­ale Lösung innerhalb der EU à la Schäuble besteht in nichts anderem, als die Agenda 2010 den Krisenstaa­ten als Nachholpro­gramm aufzuerleg­en. Dabei ist Deutschlan­ds Wirtschaft­smodell alles andere als zukunftsfä­hig: Die Rekordüber­schüsse in der Leistungsb­ilanz verschärfe­n die globalen Ungleichge­wichte, und auch ökologisch ist der Zuchtmeist­er Deutschlan­d summa summarum alles andere als vorbildlic­h: Am 24. April hat die Bevölkerun­g in Deutschlan­d die gesamte Menge an natürliche­n Ressourcen verbraucht, die ihr rechnerisc­h in diesem Jahr zur Verfügung stünde, wenn sie nur so viel nutzen würde, wie sich im selben Zeitraum regenerier­t. Für die Welt als Ganzes wird dank des geringeren Ressourcen­verbrauchs der »unterentwi­ckelten« Staaten dieser Tag erst im August erreicht, so die Berechnung­en vom »Global Footprint Network«.

Wenn Schäuble über multilater­ale Lösungen spricht, schweigt er über die deutsche Verantwort­ung: Würden alle Menschen weltweit so leben und wirtschaft­en wie die hiesige Bevölkerun­g, wären 3,2 Erden notwendig. Auch der Finanzmini­ster weiß, dass es nur eine Erde gibt, stellt den deutschen Weg indes nicht infrage. So bleibt seine Sorge, »die tiefe Kluft zwischen Arm und Reich in der Welt müsse geschlosse­n werden«, unglaubwür­dig.

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