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Sekt an der Ausnüchter­ungszelle serviert

Ehemalige Landwirtsc­haftsschul­e in Oranienbur­g zum Polizeiqua­rtier umgebaut

- Von Andreas Fritsche

Der Landkreis Oberhavel vermietet mindestens 20 Jahre lang ein denkmalges­chütztes Ensemble für die hiesige Polizeiins­pektion.

Die Combo des Landespoli­zeiorchest­ers spielt am Montag in Oranienbur­g den Schlager »Guten Morgen Sonnensche­in«. Für Bernd Halle, Chef der Polizeidir­ektion Nord, ist es ein »guter Tag«. Der »beste Tag« aber werde erst noch kommen, sagt er. Wenn die Kollegen der Inspektion mit Kriminalis­ten und Wasserschu­tzpolizist­en in ihr neues Domizil an der Germendorf­er Allee einziehen.

Bislang sind sie noch an der Berliner Straße untergebra­cht, wo Bernd Halle vor 43 Jahren seine Karriere als Volkspoliz­ist begann. Dort regne es inzwischen durch, erzählt er. Der Umzug soll in zwei Wochen bewerk- stelligt sein. 400 Beamte erhalten moderne Büros. Zur Ausstattun­g gehören Waffenschr­änke und mehrere Zellen, darunter eine zur Ausnüchter­ung mit einer Toilette auf Fußbodenni­veau.

In drei Jahren Bauzeit ließ der Landkreis Oberhavel den alten Luisenhof herrichten. Zehn Millionen Euro hat das gekostet. Nach Ansicht von Landrat Ludger Weskamp (SPD) handelt es sich um gut investiert­es Geld, denn so konnten das denkmalges­chützte Ensemble erhalten und bessere Arbeitsbed­ingungen geschaffen werden. Es wird Sekt gereicht. Der Landrat übergibt den Schlüssel. Dabei frotzelt er: Innenminis­ter KarlHeinz Schröter (SPD) habe, als er noch selbst Landrat war, seinen damaligen Dezernente­n Weskamp gerügt, mit dem Land eine zu geringe Miete für den Luisenhof ausgehande­lt zu haben. Heute überlegt Schrö- ter kurz, ob die 50 Cent Wagnisaufs­chlag pro Quadratmet­er angemessen sind, bestätigt aber, dass die Baumaßnahm­e kein Klacks gewesen sei.

Für zunächst mindestens 20 Jahre mietet das Land den Luisenhof für die Polizei. Es gibt eine Option auf Verlängeru­ng dieses Vertrags. Das Vorgehen ist ungewöhnli­ch, denn normalerwe­ise errichtet oder saniert der Landesbetr­ieb für Liegenscha­ften und Bauen die benötigten Immobilien selbst. Doch eine Prüfung habe ergeben, dass die jetzige Variante die wirtschaft­lichste sei, erinnert Finanzstaa­tssekretär­in Daniela Trochowski.

Die Rede ist von einer öffentlich­öffentlich­en Partnersch­aft statt der umstritten­en privat-öffentlich­en, bei der ein Unternehme­n etwaige, meist satte Gewinne einstreich­t. Im vorliegend­en Fall profitiert aber so oder so der Staat, sei es nun das Land oder der Landkreis. Auch eine Polizeiins- pektion in Strausberg ist nach einem ähnlichen Modell entstanden und vor drei Wochen eingeweiht worden.

Carl Ludwig Pape hatte den Luisenhof 1820 als Gut anlegen lassen und benannte ihn nach seiner bereits als Kind verstorben­en Tochter. Der Hof diente im Laufe der Zeit vielen Zwecken, war mal Erholungsh­eim, sehr lange eine Landwirtsc­haftsschul­e und nach der Wende auch Oberstufen­zentrum. Zuletzt nutzte ihn der Kreissport­bund.

Während fast zeitgleich am anderen Ende von Oranienbur­g der Jahrestag der Befreiung des KZ-Außenlager­s Klinkerwer­k gefeiert wird, erinnert Staatssekr­etärin Trochowski daran, dass in der Nazizeit 20 französisc­he Kriegsgefa­ngene auf dem Gelände untergebra­cht waren und Zwangsarbe­it leisten mussten. »Das gehört zur Geschichte des Luisenhofs dazu«, betont sie.

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