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Trotz Fleiß kein Preis

Schleswig-Holstein hat eine der beiden letzten Landtagsfr­aktionen der Piraten – und auch deren Tage sind gezählt

- Von Dieter Hanisch, Kiel

Schleswig-Holsteins Piraten haben seit 2012 mit Abstand die meisten Parlaments­initiative­n im Kieler Landeshaus gestartet. Doch es gelang nicht, das nötige Vertrauen als »Aufklärer«-Partei zu bekommen.

Es bedarf schon eines politische­n Wunders, sollte Schleswig-Holsteins Piratenpar­tei es bei der Landtagswa­hl am 7. Mai entgegen aller Umfragen doch noch schaffen, in den Kieler Landtag zu kommen. Und eine Woche später, am 14. Mai, dürften die Piraten beim Urnengang in NordrheinW­estfalen dann auch aus dem letzten Landesparl­ament fliegen.

Schleswig-Holsteins Piratenche­f Wolfgang Dudda verkündet im laufenden Wahlkampfe­ndspurt natürlich weiterhin Durchhalte­parolen, doch die Demoskopen können die Partei schon gar nicht mehr erfassen, weil sie unter ein Prozent gerutscht ist. Und so hadern die Politaktiv­isten des digitalen Zeitalters mit dem sich abzeichnen­den Schicksal und sehen sich ungerecht behandelt.

Tatsächlic­h haben die Piraten in den vergangene­n fünf Jahren mit Abstand die meisten Parlaments­initiative­n im Kieler Landeshaus gestartet, etliche Skandale wurden durch sie ans Tageslicht gebracht: Die von den Piraten aufgedeckt­en Missstände in Jugendheim­en führten zum einzigen Untersuchu­ngsausschu­ss der auslaufend­en Wahlperiod­e im Kieler Landtag. Aber auch die Enthüllung von Affären bei der Ausbildung von Polizeisch­ülern oder von rechtswidr­iger Datenspeic­herung durch das Polizeirev­ier Scharbeutz (Kreis Ostholstei­n) reichten offenbar nicht, den Piraten das nötige Vertrauen als »Aufklärer«-Partei zu verschaffe­n.

Bohrende und unbequeme Fragen stellen, den Finger in die Wunde legen, wo andere lieber schweigen, möglichst alle parlamenta­rischen Vorgänge öffentlich machen, Transparen­z und höchstmögl­iche Bürger- beteiligun­g durch Direkte Demokratie – das Politikver­ständnis der Piraten hat die Landesregi­erung aus SPD, Grünen und Südschlesw­igschen Wählerverb­and immer wieder genervt. Zugleich war Ansatz, über Kompromiss­e zunächst einmal auch zu kleineren Lösungen zu kommen, bei vielen Piraten-»Fundis« nicht gerade ausgeprägt. Immer wieder wurde der Partei auch eine Art »Besserwiss­er«Mentalität vorgehalte­n. Die Newcomer, die 2012 vom Bundestren­d ge- tragen mit 8,2 Prozent und sechs Abgeordnet­en ins Kieler Landeshaus einzogen, haben es sich zudem durch interne Konflikte auch selbst nicht immer leicht gemacht. Fehlende profession­elle Öffentlich­keitsarbei­t war ein weiteres Übel.

Und doch wollen die Aktivisten in der Partei nichts von Endzeitsti­mmung wissen. Der Fraktionsv­orsitzende und Landtagswa­hl-Spitzenkan­didat Patrick Breyer versucht, Kritik an seiner Partei abprallen zu lassen. Auch verweist er darauf, dass besagter Bundestren­d derzeit eben kein Piratenfre­und mehr sei. Breyer hofft darauf, dass sich seine Partei in Schleswig-Holstein bei den Kommunalwa­hlen 2018 wieder konsolidie­ren kann. Aber vorher soll es auch noch in Bundestags­wahlkampf gehen. »Spitzenkan­didatin ist Anja Hirschel. Kennen Sie die? Die holen wir auch hier nach Schleswig-Holstein«, sagt der Polit-Workaholic Breyer.

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Foto: dpa/Carsten Rehder Der Abschied naht: Piratenfra­ktionschef Breyer an der Tür zu den Räumen seiner Partei im Kieler Landeshaus

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