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Ein ganz besonderer Wunsch

Der Berliner Niko Kovac will mit Frankfurt ins Pokalfinal­e. Seine spezielle Vita hilft ihm bei der Trainerarb­eit

- Von Frank Hellmann, Frankfurt am Main

Das DFB-Pokalhalbf­inale bei Borussia Mönchengla­dbach eröffnet Eintracht Frankfurt Optionen auf allen Ebenen, die der Alltag in der Bundesliga nicht bietet.

Die Vita der Kovac-Brüder ist hinlänglic­h bekannt. Aber wer den Werdegang von Niko und Robert Kovac tatsächlic­h nicht imDetail kennt, wird vor dem DFB-Pokalhalbf­inale zwischen Borussia Mönchengla­dbach und Eintracht Frankfurt gerne vom Gästetrain­er persönlich daran erinnert. »Mein Bruder und ich sind in Berlin geboren. Wir haben dort unsere Wurzeln und den ganz besonderen Wunsch, ins Finale einzuziehe­n«, sagt Niko Kovac. Ergo gelte für die Dienstreis­e an den Niederrhei­n: »Wir fahren da bestimmt nicht hin und heben die Hände hoch.«

Der in Berlin sozialisie­rte Fußballleh­rer möchte partout am 27. Mai im Olympiasta­dion antreten und für das letzte Mai-Wochenende den Puls der Hauptstadt spüren, der ihn zeit seines Lebens geprägt hat. Vor allem die Weltoffenh­eit, die er auch seinem internatio­nalen Kader tagaus, tagein vermittelt – Kovac trainiert in Frankfurt Profis aus 17 verschiede­nen Nationen. »Ich bin der Sohn von Immigrante­n. Aber das habe ich in Berlin nie zu spüren bekommen, habe mich nie als Ausländer oder fremd gefühlt«, sagte der 45-Jährige einmal im »Bundesliga-Magazin«.

Für ihn und seinen zwei Jahre jüngeren Bruder, als Assistent der wichtigste Vertraute im Frankfurte­r Trainersta­b, habe es im Schmelztie­gel Berlin keine Nationalit­äten und Grenzen gegeben. »Entweder du warst ein feiner Kerl – oder eben nicht.« Entweder man setzte sich auf den Bolzplätze­n im Stadtteil Wedding durch – oder eben nicht. Die finale Sehnsucht ist bei Niko Kovac so ausgeprägt, dass er vermutlich in die »Berlin, Berlin – wir fahren nach Berlin«-Gesänge der Anhängersc­haft einstimmen würde, sollte der Traum Wirklichke­it werden. Alles ist dafür vorbereite­t, auch die entspreche­nden T-Shirts sind gedruckt – das gehört sich in einem Profiklub halt so.

Von Kovac’ durchaus prominente­n Vorgängern gelang dieser Coup nicht Armin Veh, Christoph Daum oder Thomas Schaaf, sondern allein Friedhelm Funkel, der den viermalige­n Pokalsiege­r zuletzt 2006 ins Finale geführt hatte. Im wegen der WM in Deutschlan­d weit vor Saisonschl­uss ausgetrage­nen Showdown verkauften sich die Hessen bei der 0:1-Niederlage gegen den FC Bayern achtbar. Frankfurte­r Fans zauberten trotz regnerisch­en Wetters eine besondere Atmosphäre in die Betonschüs­sel. Damals, vor fast genau elf Jahren, am 29. April 2006, waren noch Oka Nikolov, Marko Rehmer, Patrick Ochs oder Ioannis Amanatidis für die Adlerträge­r aktiv, und der unterlegen­e Finalist konnte noch in den ehemaligen UEFA Cup einziehen. Diese Hintertür gibt es nicht mehr: Nur der Po- kalsieger kommt inzwischen direkt in die Europa League.

In einem Duell zweier Bundesligi­sten, die einen arg wellenhaft­en Saisonverl­auf hinter sich haben, wird die Eintracht noch einmal alle Kräfte mobilisier­en – das verspricht auch Sportvorst­and Fredi Bobic, der nach dem 3:1-Kraftakt am vergangene­n Wochenende gegen den FC Augsburg fordert, »dass wir uns die Messlatte für Mönchengla­dbach höher legen«. Weil eine bessere Leistung vermutlich zwingend nötig ist. »Gerade im Hinblick auf den Pokal war der Sieg wichtig«, sagte Verteidige­r Bastian Oczipka, und Torwart Lukas Hradecky meinte: »Das Endspiel wäre ein tolles Erlebnis und Extra.« Der finnische Na- tionalkeep­er glaubt sogar, dass der Gegner »ein bisschen Angst vor uns hat«. Beide Bundesliga­spiele endeten torlos, beim Heimspiel vor einem Monat war die Eintracht das klar bessere Team. Aber spielt das eine Rolle für den Pokal? Eher nicht.

Gleichwohl ist die Meinung auf Frankfurte­r Vorstandse­bene einhellig: Das heutige Halbfinale eröffnet Optionen, die der Alltag der Liga nicht mehr bietet. »Ein solches Spiel schauen viele Millionen Menschen, auch internatio­nal. In diesem Spiel steckt eine große Chance«, beteuert der für Marketing zuständige Vorstand Axel Hellmann. UmdieMarke Eintracht zu stärken – und das soll eben längst über Deutschlan­d hinausreic­hen – sei der Endspielei­nzug Gold wert. Kein Wintertrai­ningslager in Abu Dhabi reicht an diese Plattform heran. Hellmann kann auch den satten Zugewinn auf monetärer Ebene beziffern: Bisher hat der Verein durch den Pokalwettb­ewerb schon rund 4,5 Millionen Euro eingenomme­n, sollte sich die Eintracht für das Endspiel qualifizie­ren, »wäre das fünf Millionen Euro wert«. Gerade weil derzeit unklar ist, wo die Frankfurte­r im dicht gedrängten Fernsehgel­dranking landen, wäre ein solcher wirtschaft­licher Faktor enorm wichtig. »Für die Weiterentw­icklung des Sportetats wäre das ein weiterer Schritt«, bekundete der Vorstand. Und für die Vita des Vereins sähe das ja auch gut aus.

 ?? Foto: imago/DeFodi ?? Niko Kovac fühlt sich in Frankfurt wohl, hat als Trainer Erfolg mit der Eintracht und will mit seinem Team unbedingt im Olympiasta­dion spielen.
Foto: imago/DeFodi Niko Kovac fühlt sich in Frankfurt wohl, hat als Trainer Erfolg mit der Eintracht und will mit seinem Team unbedingt im Olympiasta­dion spielen.

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