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Die ehemals rote Uni und der Aldi

Großdiscou­nter baut für Hochschule in Bremen und fühlt sich geehrt

- Von Alice Bachmann, Bremen

Eine markante Grundstein­legung erlebte Bremen, immerhin elftgrößte Stadt Deutschlan­ds, an seiner öffentlich­en Universitä­t, die zu Gründungsz­eiten vor 46 Jahren den Ruf einer roten Kaderschmi­ede hatte.

Marxens Werk findet sich dort kaum noch. Jetzt ist Lessing angesagt: Kunst und Wissenscha­ft gehen nach Brot. Was nun in der Weser-Metropole seinen Ausdruck darin fand, dass ein Staatsrat aus dem Hause des Wirtschaft­s-, Häfen- und Arbeitssen­ators Martin Günthner (SPD) für einen Aldi-Markt den Grundstein legte. Das wurde groß gefeiert. Auch die eigentlich Zuständige­n, nämlich der grüne Bausenator und die SPDWissens­chaftssena­torin, äußerten sich begeistert. Die Uni-Leitung ebenfalls.

Denn die kleine Bremer Uni ist längst eine große, unüberscha­ubare, die aus allen Nähten platzt. Es fehlen Wohnheimpl­ätze, Parkplätze, Einkaufsmö­glichkeite­n, Räume für Forschung und Lehre.

Auch Aldi ist längst nicht mehr nur eine Kette von Schlicht-Läden, in denen es billige Sachen gibt. Der gefeierte Bauherr heißt in diesem Fall »Aldi Immobilien­verwaltung GmbH & Co. KG.«, die zur Unternehme­nsgruppe »Aldi Nord«gehört.

Und die hat etwas mit der Uni Bremen, mit der rot-grünen Bremer Ko- alition und mit der Wirtschaft­sförderung Bremen GmbH (WFB) gemeinsam: Alle wollen expandiere­n. Die WFB ist eine GmbH, die dem Bundesland Bremen und den beiden Städten Bremen und Bremerhave­n gehört. Sie hat mehrere 100 Angestellt­e und einen Jahresumsa­tz im zweistelli­gen Millionenb­ereich.

Die Bremer Uni hatte bereits vor 25 Jahren angefangen, Flächen um sie herum zu erschließe­n für einen »Technologi­epark«. Die Brachen im Süden der Uni, in direkter Nähe zum Campus, wurden vor 17 Jahren ins Auge gefasst, die Erschließu­ng begann vor drei Jahren. Und so lange ist Bremen im Geschäft mit dem Discounter-Immobilien-Unternehme­n. Das hat laut Eigenausku­nft bis auf 330 Quadratmet­er im Erdgeschos­s die gesamte Fläche vermarktet.

Auf dem 7000 Quadratmet­er großen Grundstück sind zwei Gebäude geplant. Im Erdgeschos­s soll es neben dem Discounter noch einen Bioladen und eine Bäckerei geben. Die 6500 Quadratmet­er in den Obergescho­ssen sind laut WFB bereits an die Uni und universitä­re Einrichtun­gen vermietet. Auch Parkmöglic­hkeiten werden gebaut.

Es ist von einem zweistelli­gen Millionenb­etrag die Rede, den Aldi investiere und von gut 100 Leuten, die eingestell­t werden sollen. Außerdem geriert sich der Discounter als geehrt, seinen Teil zur Nahversorg­ung der Menschen an der Uni beitragen zu dürfen. Das wird nicht nur eine Ehre, sondern auch ein gutes Geschäft. Denn in der Tat wird ein Supermarkt von vielen Uni-Angehörige­n vermisst. Die Versorgung­ssituation ist für die rund 20 000 Studierend­en und gut 3500 Angestellt­en und Lehrenden nicht optimal. Zur Mittagszei­t finden nicht alle Platz in den Mensen und Cafeterien. Außerdem sind die Öffnungsze­iten sehr eingeschrä­nkt.

Am Uni-Campus leben nicht mehr nur ein paar Studierend­e. Er ist umgeben von Wohnheimen und grünen Flächen. Aber zu den nächsten Einkaufsmö­glichkeite­n ist der Weg weit. Es wird sich zeigen, wie die Koexistenz von staatliche­r Uni und RiesenDisc­ounter funktionie­rt. Ob es leichtsinn­ig war, sich von einem Vermieter abhängig zu machen, anstatt selbst zu bauen.

Als der erste Hörsaal an der Uni Bremen entstand, wurde er informell »Keksdose« genannt. Diesen Namen trägt er noch immer. Womöglich wird die Bremer Universitä­t bald zur »AldiUni«. Eine Jacobs-Uni gibt es hier bereits. Das ist eine Privat-Uni.

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Foto: dpa/Ingo Wagner

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