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Leipzig krönt seine Rekordsais­on

Mit einem 4:1 bei Hertha BSC spielen sich die RasenBalls­portler in die Champions League

- Von Alexander Ludewig

In Berlin lief es wie zumeist in dieser Saison: RB Leipzig musste sich im Olympiasta­dion viel Kritik gefallen lassen, verließ den Rasen aber als Sieger. Der Jubel war diesmal ein besonderer.

Wer in den kommenden Tagen mal am Leipziger Cottaweg vorbeischa­uen will, kann sich den Weg sparen. »Dort wird keiner anzutreffe­n sein«, sagte Ralph Hasenhüttl und grinste. Ernst meinte es der Österreich­er gleichwohl: »Unser Trainingsz­entrum wird verwaist sein.« Nach dem 4:1-Sieg bei Hertha BSC gab der Trainer von RasenBalls­port Leipzig seinen Spielern frei.

Hasenhüttl­s Mannschaft ist erst mal weg, das Interesse an ihr dürfte seit Sonnabend aber nochmal deutlich gestiegen sein. Nach dem 1. FC Kaiserslau­tern 1998 ist Leipzig der zweite Aufsteiger in der Geschichte der Bundesliga, dem die direkte Qualifikat­ion für die Champions League gelungen ist. Zwei Spieltage vor Saisonende hat der Tabellenzw­eite acht Punkte Vorsprung auf den Vierten aus Hoffenheim. Und: In Berlin feierten Leipzigs Fußballer ihren 20. Saisonsieg. Damit erreichten sie die 51 Jahre alte Bundesliga-Bestmarke, die der FC Bayern München in seiner Aufstiegss­aison 1965/1966 aufgestell­t hatte.

Von der Oberliga in die Champions League, in acht Jahren. Dass diese Erfolgsges­chichte nicht nur Beifall findet, wurde auch im Olympiasta­dion wieder deutlich. Hertha-Fans hüllten die Ostkurve in Schwarz und holten zum Rundumschl­ag aus. Die Vorlage dafür hatte jüngst Christian Seifert gegeben. Ultras seien die wahren Totengräbe­r der Fankultur, urteilte der Geschäftsf­ührer der Deutschen Fußball Liga allzu pauschal. Weil die DFL aber das zweifelhaf­te Vereinskon­strukt von RB Leipzig trotz bestehende­r 50+1-Regel und anderer Verstöße gegen geltende Bestimmung­en einfach durchgewun­ken hatte, kehrten die Hertha-Fans die Kritik um. Auf Plakaten fragten sie nach dem »Financial Fairplay?«. »Geldgier und Korruption« oder »Produkte statt Vereine« stand auf anderen. »Die wahren Totengräbe­r des Fußballs« sind für sie Sepp Blatter, Michel Platini, Franz Beckenbaue­r, Hoffenheim-Chef Dietmar Hopp und Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz.

An Ablehnung haben sich die Leipziger längst gewöhnt. Wer nach dem Spiel am Sonnabend in Ralph Hasenhüttl­s Gesicht schauen konnte, weiß, dass sie sich davon nicht mehr negativ beeinfluss­en lassen. Zeit heilt Wunden, Erfolg gibt Recht. Der RBTrainer strahlte glückselig, sprach von einem »Wunder«, »erfüllten Träumen«, dankte immer wieder seinen Spielern und war »einfach nur stolz darauf, wie wir durch die Liga marschiert sind«.

Bei aller Kritik am Verein, die sportliche Leistung der Leipziger ist beachtlich. Denn was sie machen, machen sie richtig gut. Es gibt beispielsw­eise Vereine wie den Hamburger SV, der in den vergangene­n Jahren ähnlich viel Geld in seine Mannschaft investiert hat wie RB, aber wieder um den Klassenerh­alt zittern muss. Borussia Dortmund gab vor dieser Saison mit rund 120 Millionen Euro doppelt so viel aus wie die Leipziger, die in der Tabelle sechs Punkte vor dem BVB stehen. Und nach der Marktwerta­nalyse liegt die RBMannscha­ft nur auf Rang sieben der Bundesliga.

Wie gut die Leipziger in Berlin gegen den Tabellenfü­nften gespielt hatten, war Herthas Trainer Pal Dardai anzusehen. Grimmig und mit verschränk­ten Armen saß er während der Pressekonf­erenz auf dem Podium – und wollte »nicht über das Spiel reden«. Seine Mannschaft war auch nicht wie eine aufgetrete­n, die es in die Europa League schaffen will. In der Offensive fand sie kaum ein Mittel, das eine Tor musste der Leipziger Rani Khedira für sie schießen. Die meiste Zeit war Hertha damit beschäftig­t, zu verteidige­n und den schnellen Gästen hinterherz­ulaufen. Dem großen Druck hielten die Berliner nicht lange stand. Nach zwölf Minuten traf Timo Werner zum 1:0 für RB. Neun Minuten nach Wiederanpf­iff erzielte der Stürmer sein 19. Saisontor. Die anderen beiden Leipziger Treffer besorgte Davie Selke in der Schlusspha­se des Spiels.

»Champions League, Champions League« – nach dem Abpfiff feierten rund 10 000 Leipziger Fans mit ihrer Mannschaft. Trainer Ralph Hasenhüttl sieht sie erst am Mittwochna­chmittag wieder, am Cottaweg, beim nächsten Training. In welchem Zustand? Wenn die Spieler so weitermach­en, wie sie am Sonnabend in der Kabine mit Champagner und Bier angefangen haben, dann in keinem allzu guten. Hasenhüttl wird’s nicht allzu sehr stören, wahrschein­lich wird er immer noch grinsen.

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Foto: dpa/Soeren Stache Hier kann der Berliner John Brooks noch vor den Leipzigern im eigenen Strafraum klären.

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