nd.DerTag

Rechte Rebellin

- Von Robert D. Meyer

Es hat schon gute Gründe, warum Jean-Marie Le Pen in Marion seine »liebste Enkelin« sieht. Sie sei die »wahre Erbin« der rechtsradi­kalen Front National, hatte der Großvater einmal die 27-Jährige in höchsten Tönen gepriesen. Zwar spielt in solchen Worten auch etwas Verbitteru­ng darüber eine Rolle, dass ihn seine Tochter Marine Le Pen wegen wiederholt­er antisemiti­scher Äußerungen aus der Partei werfen ließ, doch im Kern steckt in seinem Lobgesang viel Wahrheit: Marion Maréchal-Le Pen und ihr Großvater sind sich in ihrer politische­n Strategie ähnlich. Verbale Zurückhalt­ung gehört nicht zum Stil der FN-Politikeri­n. Während sich ihre Tante spätestens mit Beginn ihrer letztlich gescheiter­ten Präsidents­chaftskand­idatur eine bürgerlich-konservati­ve Fassade zulegte, haut Marion in jede politische Kerbe, die sie finden kann.

Wie ähnlich sich Großvater und Enkelin in ihrem Umgang mit der Geschichte sind, verdeutlic­ht eine Forderung Marions: Anstatt Konzentrat­ionslager zu besichtige­n, sollten Schüler eher die römische Ruinenstad­t Glanum besuchen, um etwas über die Vergangenh­eit zu lernen. Jean-Marie hätte es zu seinen Hochzeiten wohl nicht anders gefordert.

Doch auch um Marion Le Pen wird es jetzt erst einmal ruhiger. Sie wolle sich vorerst aus der Politik zurückzieh­en, kündigte sie an. Ihr Mandat in der National- versammlun­g wolle sie ebenso aufgeben wie das im Rat der südfranzös­ischen Region ProvenceAl­pes-Côte.

Offiziell begründete sie ihre Entscheidu­ng damit, mehr Zeit für die Familie haben und in einem normalen Unternehme­n arbeiten zu wollen. Endgültig sei ihr Abschied aus der Politik nicht. Marion ließ den Zeitpunkt für ihre mögliche Rückkehr aber offen.

Auch das dürfte nur die halbe Wahrheit sein: Politstrat­egisch ist sie sich mit ihrer Tante über die Zukunft der FN nicht einig. In Deutschlan­d dürfte einem solch ein Streit bekannt vorkommen. Um die gleiche Frage tobt in der AfD ein Machtkampf. Hier sind allerdings nicht drei Generation­en einer Familie involviert. Jean-Marie erklärte, es gehe eine »Zukunftsho­ffnung« von Bord.

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Foto: Joel Saget Marion Maréchal-Le Pen zieht sich vorerst aus der Politik zurück.

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