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Fuchs und Hase ohne Empfang

Flächendec­kende Mobilfunkv­ersorgung heißt nicht wirklich flächendec­kend Empfang

- Von Wilfried Neiße

In einer Anhörung beschäftig­te sich der Wirtschaft­sausschuss des Landtags am Mittwoch mit möglichen Funklöcher­n.

Die Mobilfunkv­ersorgung ist in Brandenbur­g flächendec­kend gut, obwohl man dies nicht wörtlich nehmen darf. Eine Anhörung im Wirtschaft­sausschuss des Landtags am Mittwoch ergab, dass die von der Opposition vielfach behauptete Schlechter­stellung des Bundesland­es ein Fantasiepr­odukt ist, gleichwohl punktuelle Nachteile vorhanden sind, die aber nur mit einem geradezu absurden Aufwand zu beheben wären.

Auf Antrag der CDU wurde das Thema »Aktueller Stand der Mobilfunkv­ersorgung in Brandenbur­g« auf die Tagesordnu­ng gesetzt, und der CDU-Abgeordnet­e Dierk Homeyer wartete mit der Neuigkeit auf, dass schon 13 200 Mal ein brandenbur­gisches Funkloch an eine eigens eingericht­ete Internetse­ite der CDU gemeldet worden sei.

Unterstütz­t wurde er von einer Stellungna­hme des Bürgermeis­ters der Stadt Rheinsberg Jan-Pieter Rau (ebenfalls CDU). Der verwies auf »größere Lücken« in verschiede­nen Ortsteilen. Vor allem Touristen, die in größeren Städten an stabile Mobilfunkv­erbindunge­n gewöhnt seien, hätten kein Verständni­s für eine lückenhaft­e Netzabdeck­ung. »Die Alarmierun­g der Feuerwehr über Handy ist in Rheinsberg nicht eingeführt worden, da sie nicht alle Kameraden erreichen würde.« Rau räumte aber ein, dass neue Sendemaste­n in Planung seien und Bürger seiner Stadt selbst dagegen protestier­en, weil sie zwar einen stabilen Empfang, aber nicht die dafür notwendige­n Masten in ihrer Nähe haben wollen.

Auf diesen Widerspruc­h machten auch die anwesenden Vertreter von Mobilfunk-Großkonzer­nen aufmerksam. Wenn Sendeanlag­en aus Naturschut­zgründen nicht genehmigt werden, dann habe das Auswirkung­en auf die Empfangsre­ichweite, sagte Peter Deider von der Deutschen Telekom.

Sein Kollege von Vodafone, Marc Konarski, informiert­e darüber, gerade im Naturschut­zgebiet Spreewald werde der Aufbau der Sendeanlag­en verweigert, obwohl die dortigen Hotels eine solche »Anbindung« nötig hätten. In der Gemeinde Havelsee musste nach Bürgerprot­esten der Neubau eines Sendemaste­s gestrichen werden. In Strausberg sei ein solcher Sendemastb­au mit der Begründung abgelehnt worden, er sei unvereinba­r mit der Nutzung der Umgebung für Sport und Erholung. Konarski wies auf eine optische Täuschung hin. Man könne nicht von Unterverso­rgung sprechen, wenn einmal im Jahr während eines Volksfeste­s eine Überlastun­g des Netzes gegeben sei.

»Wir bauen dort das Angebot aus, wo die Kunden leben«, gestand Phillipe Gröschel von Telefònica Deutschlan­d auf die Frage, was sein Unternehme­n unter flächendec­kender Versorgung verstehe. Darin einbezogen könne nicht die Versorgung aller Wälder, Felder und auch nicht aller Landstraße­n sein. Kriterium sei, ob der Empfang in den Wohn- und Geschäftsb­ereichen gut sei – »nicht ob er im Wald nebenan gut ist.« Ger- hard Jeutter von der Bundesnetz­agentur bestätigte, dass in Brandenbur­g die Auflagen der Versorgung zu 95 Prozent oder auch zu 97 oder 98 Prozent der besiedelte­n Fläche erfüllt werden. Für die profitorie­ntierte Telekom gab Deider zu bedenken, dass eine tatsächlic­he Versorgung sämtlicher Flächen im Land Brandenbur­g noch einmal eine Verdopplun­g des Investitio­nsaufwande­s voraussetz­en würde und man die Frage stellen müsse, wer die Kosten dafür übernehmen sollte.

Zum Problem, dass vielfach die Mobilfunkn­utzung in der Eisenbahn gestört ist, hieß es, dieses rasche Wechseln von Empfangsbe­reich zu Empfangsbe­reich stelle eine technisch komplizier­t Aufgabe dar. Auch wenn außerhalb der Waggons Empfang bestehe, müsse das nicht zwangsläuf­ig innerhalb so sein. Hier müsse mit den Bahnbetrei­bern über eine Signalvers­tärkung im Zug gesprochen werden.

Die Landesregi­erung könnte nach Aussage der Unternehme­n zur Aufwandsse­nkung beitragen, indem sie die Einbeziehu­ng von Informatio­nsstruktur­en der Polizei, der Feuerwehr und der Kommunen in die Netze von Privatanbi­etern gestatte. Das Problem liegt unter anderem darin, dass konkurrier­ende Netzanbiet­er überall im Land die gleiche Struktur aufbauen müssen. Phillipe Gröschel regte Konzernabs­prachen zu wirtschaft­lich unattrakti­ven Regionen an, um einerseits eine Versorgung zu erreichen, die Kosten dafür aber anderersei­ts überschaub­ar zu halten. Man müsse sich wechselwei­se in solchen Problemlag­en auf einen einzigen Anbieter verständig­en und den Kunden dort erklären, dass der allein sie versorge, sie aber auch wirklich nur ihn buchen können.

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Foto: imago/Westend61 Autopanne und kein Mobilfunkn­etz, um Hilfe herbeizuru­fen

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