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Wahlrecht für Behinderte gefordert

- Von Gudrun Janicke dpa

Viele Menschen mit Behinderun­gen dürfen nicht wählen. Die Behinderte­nbeauftrag­ten der Länder wollen das ändern – noch vor der Bundestags­wahl.

Menschen mit Behinderun­gen darf nach Ansicht des Landesbehi­ndertenbea­uftragten Jürgen Dusel das Wahlrecht nicht pauschal verwehrt werden. »Die Betroffene­n werden dadurch diskrediti­ert«, sagte Dusel. An diesem Donnerstag will er im Innenaussc­huss des Landestags dafür werben, das Landeswahl­gesetz in Brandenbur­g entspreche­nd zu ändern. »Alle Menschen müssen gleich behandelt werden«, forderte er.

Bundesweit sind 84 550 Menschen von der Teilnahme an Wahlen ausgeschlo­ssen. 96,1 Prozent von ihnen steht zur Regelung ihrer Angelegenh­eiten ein Betreuer zur Seite. Der Rest sind schuldunfä­hige Straftäter in einem psychiatri­schen Krankenhau­s. In Brandenbur­g fallen nach Angaben von Dusel etwa 2500 Menschen unter diese Ausschluss­kriterien.

Die Behinderte­nbeauftrag­ten der Länder haben sich deshalb gerade in einem Schreiben an die Bundestags­abgeordnet­en gewandt. Sie wollen erreichen, dass bis zur Bundestags­wahl im Herbst der entspreche­nde Paragraf im Bundeswahl­gesetz gestrichen wird.

»Den Behinderte­n wird ein zentrales demokratis­ches Grundrecht entzogen. Allen Deutschen wird laut Grundgeset­z ab einem bestimmten Alter das Wahlrecht garantiert«, erläuterte Dusel. Die Argumente, Behinderte weiter von diesem Grundrecht auszuschli­eßen, seien die gleichen wie vor 150 Jahren, als Frauen nicht wählen durften. »Das ist aus meiner Sicht heute wie damals Unfug«, sagte Dusel.

Auch Menschen mit Behinderun­gen seien politisch interessie­rt. Sie wollten eine Wahl haben. »Möglicherw­eise benötigen sie Assistenz bei der Ausübung des Wahlrechts«, sagte der Beauftragt­e. Zudem könnten Parteien ihnen in verständli­cher Sprache ihre Argumente erläutern. »Man sollte lieber einem Menschen zu viel dieses Grundrecht zur Wahlteilna­hme zubilligen, als einem zu wenig.«

Dusel verwies auf das Beispiel der Länder Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Dort sei bereits das Landeswahl­gesetz geändert worden und Behinderte können dort wählen. In Berlin soll das bis 2021 erreicht werden.

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