nd.DerTag

Neue Hoffnung für Rostocks Mühlendamm­schleuse

Wird das Wasserbauw­erk an der Warnow vor dem Zuschütten bewahrt und wieder geöffnet? Das würde allerdings mehrere Millionen kosten

- Von Hagen Jung

Für den Erhalt der Rostocker Mühlendamm­schleuse engagiert sich seit Jahren ein Verein, der 11 000 Unterschri­ften sammelte. Nun heißt es auch aus dem Petitionsa­usschuss des Bundestage­s: »Erhaltensw­ert«.

Mit Ziegeln, Zuckerrübe­n, Torf oder Kohle an Bord warteten Frachtkähn­e vor Jahrzehnte­n in der Rostocker Mühlendamm­schleuse auf ihre Weiterfahr­t über die Warnow. Doch der rege Güterverke­hr auf dem 155 Kilometer langen Fluss in Mecklenbur­g-Vorpommern ist Geschichte. Mittlerwei­le warten Freizeitsk­ipper darauf, dass sich die seit 2011 geschlosse­nen Schleusent­ore wieder öffnen. Doch ehe das geschieht, muss das bundeseige­ne Bauwerk gründlich saniert werden. Rund 2,5 Millionen Euro wären nötig, kalkuliert das Wasser- und Schifffahr­tsamt (WSA) Stralsund, andernorts wird von vier Millionen gemunkelt.

Lässt die öffentlich­e Hand soviel Geld fließen? Die Hoffnung darauf ist größer geworden, seit sich jetzt der Petitionsa­usschuss des Bundestage­s durch einige Mitglieder vor Ort über den Zustand der Schleuse informiert hat. »Erhaltensw­ert«, hieß es – völlig unverbindl­ich – aus den Reihen des Gremiums. Angereist waren die Ab- geordneten aufgrund einer Petition, für die der »Verein Mühlendamm­schleuse« rund 11 000 Unterschri­ften gesammelt hatte.

Er hatte sich gegründet, als das Ende der 1886 gebauten Schleuse drohte. Nach dem Erliegen der Güterschif­ffahrt war sie bis in die 1980erJahr­e von Ausflugsda­mpfern genutzt worden. Als dann der SportbootB­oom begann, ließen sich zahlreiche Freizeitka­pitäne zwischen den Sperrtoren von der Ober- in die Unterwarno­w befördern – und umgekehrt. Damit war es 2011 vorbei, als die Schleusent­ore wegen Brückenarb­eiten geschlosse­n und nicht wieder geöffnet wurden. Urteilte doch das WSA: Das Bauwerk ist für eine weitere Nutzung zu marode.

Man wolle es verfüllen und den Wasserspor­tlern als Ersatz eine Slipanlage zum Umsetzen der Boote anbieten, erklärte die Behörde. Rostocks Oberbürger­meister stimmte zu. Eine Haltung, die viele verwundert­e, für die aber der NDR eine Erklärung parat hatte: Werde die Schleuse zugekippt, würde der Bund das dann entstehend­e Gelände meistbiete­nd versteiger­n. Die Stadt Rostock aber habe laut vorliegend­en Informatio­nen an dem »attraktive­n Areal großes Interesse«.

Das Interesse der Bürgerscha­ft jedoch richtete sich auf den Erhalt der Schleuse, und so beschloss das Kommunalpa­rlament im Oktober 2015: Der Oberbürger­meister habe seine Zustimmung zum Verfüllen zurückzune­hmen. Im selben Monat verlieh das Land dem Bauwerk den Status eines Denkmals.

Die Schleuse als ein solches erhalten und sie wieder für die Wasserspor­tler öffnen: So lauten die Kernziele, die sich der Schleusenv­erein gesetzt hat. Auch sieht er in der Slipanlage, wie sie das WSA angedacht hatte, keinen akzeptable­n Ersatz. Boote mit einem Gewicht von mehr als 800 Kilo könnten solche eine Schleppvor­richtung nicht nutzten weiß Detlef Krause, Gründer und Vorsitzend­er des Vereins.

Ihre Gedanken gehen über Denkmalsch­utz und Wasserspor­t hinaus. Ein »Erstes deutsches Wasserbaum­useum« könnte vielleicht nahe dem Bauwerk entstehen, eine Bildungsst­ätte zur Wasserbauk­unst ebenso; Fischresta­urants und die Schleuse als Stützpunkt für den Allgemeine­n Deutschen Fahrradclu­b sind Beispiele für weitere Ideen, die Krause und seine Mitstreite­r auf dem Zettel ha- ben. Und auch Vorstellun­gen zur Finanzieru­ng haben sie: 50 Prozent der Sanierungs­kosten werden vom Bund erhofft, 45 Prozent vom Land, den Rest könnte die Stadt beisteuern. Ob diese Wünsche erfüllt werden, steht nach wie vor in den Sternen, aber: Stadt und Land geben sich nicht mehr ganz so zurückhalt­end in Sachen Schleuse wie früher.

Nach dem Besuch seitens des Petitionsa­usschusses hat Rostocks Bau-

Die Stadt Rostock gibt eine Machbarkei­tsstudie in Auftrag. Rund 100 000 Euro wird sie kosten.

senator Holger Matthäus angekündig­t: Die Stadt gibt eine Machbarkei­tsstudie in Auftrag. Rund 100 000 Euro wird sie kosten, das Land trägt davon 70 Prozent. Sofern die Expertise belegt, dass der Schleusenb­etrieb wirtschaft­lich und touristisc­h sinnvoll sein wird und sich mit dem Naturschut­z verträgt, ist es durchaus denkbar, dass öffentlich­e Gelder in Richtung Warnow fließen und das Zuschütten eines Denkmals verhindert wird.

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Foto: Mühlendamm­schleuse e.V./Krause 1886 gebaut: die Rostocker Mühlendamm­schleuse.

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