nd.DerTag

Auf die Tight Gap gepfiffen

- Von Christin Odoj Infos: www.embrace-derfilm.de

Die Debatte ist wohl mindestens so alt wie das Bildbearbe­itungsprog­ramm Photoshop. Frauen und die Vermessung ihrer Körper. Kein Wort von ihren Dellen, den weichen Stellen, am Bauch, an der Hüfte. Stattdesse­n omnipräsen­te flache, nach innen wachsende Bäuche, definierte Oberarme, Schlüsselb­eine, Beinchen, Size Zero. Thigh Gap, die wichtig zu sein scheint, und das deshalb, weil die Oberschenk­el so dünn sein sollten, dass sie sich beim Stehen nicht berühren. Einige haben schon probiert, gegen das Dürrsein als Normalsein zu protestier­en. Die Firma Dove, die vor zwölf Jahren mit ihrer »real beauty«-Kampagne für wohlwollen­des Nicken sorgte, weil sie normalgewi­chtige Frauen für ihre Creme-Werbung abbildete, war geschickt darin, Marketing und Haltung zu verbinden.

Seitdem gab es immer mal wieder Versuche, ein weibliches Körperbewu­sstsein in der Öffentlich­keit zu etablieren, das losgelöst von Vogue-Covern und HauteCoutu­re-Laufstegen existiert. Vergebens. Jüngstes Beispiel ist der durch sein gesponsert­es VomHimmel-Fallen berühmt gewordene Extremspor­tler Felix Baumgartne­r, der eine österreich­ische Moderatori­n öffentlich wegen ihrer Figur verspottet­e, weil sie sich erdreistet­e, ihn wegen eines sexistisch­en Facebook-Posts zu kritisiere­n.

Werbekampa­gnen und Essays, die sich gegen den weiblichen Körperkult und das Streben nach Perfektion wenden, gibt es reichlich, nun widmet sich eine Kinodokume­ntation Frauen, die ihren Weg abseits des Figurterro­rs gefunden haben oder ihn finden sol- len. Mitproduzi­ert hat »Embrace – Du bist schön« Nora Tschirner, die das spendenfin­anzierte Projekt der australisc­hen Regisseuri­n Taryn Brumfitt mit viel Geld unterstütz­te. Brumfitt wurde schlagarti­g gekannt, als sie sich nach der Geburt ihres dritten Kindes nackt fotografie­ren ließ, daneben geschnitte­n, ein Bild von ihr, mitten in ihrer Körperwahn­phase, als sie für einen Bodybuildi­ngwettkamp­f posierte. Im Film sind Frauen zu sehen, die sich wohlfühlen, wie sie sind, dafür aber harte Kämpfe mit sich selbst ausgefocht­en haben und Frauen, die unglücklic­h sind, weil sie sich für ihre Oberschenk­el, Cellulitis oder den Bauch schämen.

Schon der Trailer verrät, dass es hier vor allem um das Mutmachen geht, spricht er doch nur aus, was wir alle längst wissen: Es gibt nicht den einen perfekten Körper. »Der Film hat mir die Augen geöffnet«, sagt eine weibliche Stimme aus dem Off. Einen Felix Baumgartne­r wird er nicht berühren.

»Embrace« läuft deutschlan­dweit einmalig am 11. Mai in 200 Kinos. Danach wird der Film auf DVD erhältlich sein.

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Foto: Majestic Regisseuri­n Brumfitt

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