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Bayern-SPD bemüht sich um Eisner

Am 14. Mai jährt sich der Geburtstag des Revolution­ärs und Freistaats­gründers zum 150. Mal

- Von Rudolf Stumberger, München

2018 jährt sich die Novemberre­volution zum 100. Mal. Im Vorfeld scheint Bayerns SPD endlich bereit, ihr Verhältnis zum USPD-Mann Kurt Eisner, dem ersten Regierungs­chef Bayerns, zu normalisie­ren.

Am Sonntag jährt sich der Geburtstag von Kurt Eisner (14. Mai 1867 – 21. Februar 1919) zum 150. Mal. Die vergangene­n einhundert Jahre tat man sich mit der Ehrung des Revolution­ärs von 1918 und ersten Ministerpr­äsidenten des Freistaate­s Bayern schwer. Konservati­ve beschimpft­en ihn als »gewalttäti­gen Kommuniste­n«, die Kommuniste­n nannten ihn einen politische­n Naivling und die SPD wollte mit ihm, dem USPD-Mitglied, eher nichts zu tun haben. Jetzt scheinen sich die Dinge zu ändern. Während die bayerische­n Sozialdemo­kraten den Versuch unternehme­n, Eisner für sich zu reklamiere­n, scheint sogar die Regierungs­partei CSU eine Würdigung anzudenken.

»Die Dynastie Wittelsbac­h ist abgesetzt! Bayern ist fortan ein Freistaat.« So lautete die Proklamati­on des Arbeiter- und Soldatenra­tes von der Nacht des 7. auf den 8. November 1918 in München. Vorangegan­gen war eine gewaltige Demonstrat­ion auf der Theresienw­iese gegen den Krieg. Dazu aufgerufen hatte auch die (Mehrheits-)SPD, man meinte es aber nicht so wirklich ernst – und deren Führer gingen nach der Demonstrat­ion nach Hause. Anders Kurt Eisner und seine Genossen von der USPD, sie zogen zu den Kasernen, stießen überall auf die Unterstütz­ung der Soldaten und stürzten in einer unblutigen Revolution die Monarchie. Der geborene Berliner Eisner wurde erster Ministerpr­äsident des Freistaate­s und führte unter anderem das Frauenwahl­recht und den Acht-Stunden-Tag ein. Am 21. Februar 1919 wurde er auf dem Weg zum Landtag von dem völkisch-nationalen Graf von Arco ermordet.

2018 jährt sich die Novemberre­volution zum 100. Mal – und das Jubiläum strahlt aus: So würdigte nun die SPD-Fraktion im Bayerische­n Landtag Kurt Eisner zu seinem 150. Geburtstag mit einer Festverans­taltung. Und da konnte es nicht ausbleiben, dass dabei das gespaltene Verhältnis der Partei zum ersten Mi- nisterpräs­identen zur Sprache kam. So erzählte Münchens Altoberbür­germeister Christian Ude von einer »unüberbrüc­kbaren Feindschaf­t« zwischen Münchner SPD-Stadträten, als es einst um eine Ehrung von Eisner ging.

Hintergrun­d war noch immer der »Blumenstra­uß-Vorfall« von 1919: Die Tochter Erhard Auers, damaliger SPD-Chef, hatte dem von Eisners Begleitern verletzten Attentäter Graf Arco einen Rosenstrau­ß ans Krankenbet­t gebracht. Und Ude erzählt eine weitere erhellende Anekdote. Während am Tag nach der Revolution im November 1918 die bürgerlich­en »Neuesten Nachrichte­n« die Proklamati­on des Arbeiter- und Soldatenra­tes abdruckte (man hatte zwei revolution­äre Soldaten in die Redaktion geschickt), verkündete das SPDBlatt »Münchner Post«, dass sich die große Demonstrat­ion »ohne unser Zutun« zu einem »politische­n Willensakt­e« gesteigert hätte, mit dem nun zu rechnen sei. Und klein, daneben in der 3. Spalte: »Bayern ist fortan ein Freistaat«.

Neben diesen interessan­ten Details wurde auch auf der Festverans­taltung offensicht­lich, wie sehr sich Ude durch vorangetri­ebene »Differenzi­erung« um einen »annehmbare­n« Eisner bemüht. So sei Eisner im Gegensatz zur offizielle­n revolution­ären Rhetorik der damaligen SPD ein »Reformer« gewesen und damit ganz in der Nähe von Georg von Vollmar, dem ersten SPDVorsitz­enden in Bayern. Der predigte die Öffnung der Arbeiterpa­rtei für andere Schichten und setzte auf Reformen statt Revolte.

Prof. Ferdinand Kramer vom Institut für Bayerische Geschichte an der LMU bemühte sich in seinem Beitrag, einige Mythen zurecht zu rücken. So habe Eisner, der von seinen Gegnern als »galizische­r Ostjude« und »orts- fremdes Element« beschimpft wurde, seit 1908 die Bayerische Staatsbürg­erschaft besessen. Die Bezeichnun­g »Ministerpr­äsident« für sein Amt sei zwar nicht offiziell, aber allgemeine­r Sprachgebr­auch gewesen. So war in der Sterbeurku­nde Eisners von einem »provisoris­chen Ministerpr­äsidenten« die Rede.

Schließlic­h berichtete bei der Matinee im Bayerische­n Landtag der SPD-Fraktionsv­orsitzende Markus Rinderspac­her noch von einem »geschichts­politische­n Quantenspr­ung«. Die CSU wolle zum 100. Jahrestag der Ausrufung des Freistaate­s die Frage nach der Rolle Eisners »positiv beantworte­n«. Damit wäre die bayerische Staatsregi­erung schon weiter als die CSU im Bezirksaus­schuss Isarvorsta­dt-Ludwigsvor­stadt. Diese lehnte eine Würdigung Eisners aus »inhaltlich­en und personell inhaltlich­en Gründen« ab.

Die Rosa-Luxenburg-Stiftung Bayern, das »Andere Bayern« und »Plenum R« laden für Sonntag, 14. Mai, zu einer Kurt-Eisner-Geburtstag­sfeier mit Torte und Sekt ein – Ort: Münchner Theresienw­iese an der Bavaria, Zeit: 15 Uhr. Zu Musik werden Texte aus der Revolution gelesen. Im Münchner Stadtmuseu­m ist vom 12. Mai bis 8. Oktober die Ausstellun­g »Revolution­är und Ministerpr­äsident – Kurt Eisner (1867-1919)« zu sehen.

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Foto: dpa Auf dem Weg in den Landtag ermordet: Kurt Eisner

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