AfD versackt einstellig
Rechtsaußenpartei holt bei der NRW-Wahl 7,4 Prozent
Westdeutsche Farbenspiele: Weil die LINKE knapp gescheitert ist, wäre Schwarz-Gelb möglich. Einiges spricht aber auch für eine Große Koalition. Für den selbstbewussten AfD-Granden Marcus Pretzell ist die Wahl kein Triumph.
Wer wissen will, wie es um die AfD nach der NRW-Wahl steht, muss sich Guido Reil anschauen. Der Essener Kommunalpolitiker war nach 26 Jahren als SPD-Mitglied zur Rechtsaußenpartei gewechselt. Dort nutzte Spitzenkandidat Marcus Pretzell den kleinen PR-Coup geschickt aus, baute Reil zum potenziellen Zugpferd auf, obwohl der von seiner neuen Partei nicht einmal mit einem aussichtsreichen Listenplatz belohnt worden war.
Am Ende bleibt Reil vorerst nur die Gewissheit, für Schlagzeilen gesorgt zu haben. Im künftigen Düsseldorfer Landtag sitzt er nicht. Auch für ein Direktmandat in seinem Wahlkreis »Essen I - Mülheim II« reichte es nicht. Es ist eine Niederlage, die dennoch auch einen Erfolg enthält. Reil holte mit 13,4 Prozent das beste AfD-Direktwahlergebnis. In Karnap, direkt vor seiner Haustür, erzielte die AfD sogar 20,3 Prozent. Ähnlich sieht es in Vogelheim aus.
Auf der Landkarte fällt auf: Die AfD punktete im Ruhrgebiet. Essen sticht besonders hervor. In zwei von vier Wahlkreisen holte die Partei mit 13,1 und 12 Prozent überdurchschnittliche Ergebnisse. Noch stärker ist sie in Gelsenkirchen. Ausgerechnet im Wahlkreis, der ehemalige Arbeiterviertel wie Schalke und Bismarck umfasst, fuhr die AfD mit 15,2 Prozent ihr stärkstes Ergebnis ein.
Letztlich heißt dies aber nicht, die AfD habe besonders stark bei Arbeitern gepunktet. Laut der Forschungsgruppe Wahlen holte sie mit acht Prozent in dieser Gruppe ein leicht überdurchschnittliches Ergebnis, bei den Beamten und Selbstständigen (jeweils sieben Prozent) schnitt die Partei aber kaum schwächer ab. Gäbe es so etwas wie die durchschnittlichen AfD-Wähler in NRW, so wären dies Männer mittleren Alters mit niedrigen bis mittleren Bildungsabschlüssen.
Doch den Einzug in den bundesweit inzwischen 13. Landtag will in der Partei niemand wirklich feiern. Pretzell hatte als Ziel ein zweistelliges Ergebnis ausgegeben. Auch für ihn ist der Wahlausgang weder ein richtiger Sieg, noch eine Niederlage. Immerhin kann sich der NRW-Spitzenkandidat damit beruhigen, dass das Ergebnis ausreicht, um im parteiinternen Machtkampf nicht weiter geschwächt zu werden.
Pretzell sah die Gründe, warum die AfD nicht zweistellig abschnitt, letztlich nicht beim Landesverband. Bei Landtagswahlen könnten sich die Wahlkämpfer »nie ganz vom Bundestrend abkoppeln«, erklärte er mit Blick auf den erbitterten Führungsstreit in der AfD-Bundesspitze. Auch das ist nur ein Teil der Wahrheit: Zwischen Rhein und Ruhr gab die Rechtsaußenpartei zuletzt ebenfalls kein Bild der Geschlossenheit ab. Pretzell und Co-Landeschef Martin Renner liefern sich einen erbitterten Streit um die Führung. Letztlich sind interne Querelen daher auch der wichtigste Grund, warum die AfD derzeit keine größeren Erfolge einfährt.