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AfD versackt einstellig

Rechtsauße­npartei holt bei der NRW-Wahl 7,4 Prozent

- Von Robert D. Meyer

Westdeutsc­he Farbenspie­le: Weil die LINKE knapp gescheiter­t ist, wäre Schwarz-Gelb möglich. Einiges spricht aber auch für eine Große Koalition. Für den selbstbewu­ssten AfD-Granden Marcus Pretzell ist die Wahl kein Triumph.

Wer wissen will, wie es um die AfD nach der NRW-Wahl steht, muss sich Guido Reil anschauen. Der Essener Kommunalpo­litiker war nach 26 Jahren als SPD-Mitglied zur Rechtsauße­npartei gewechselt. Dort nutzte Spitzenkan­didat Marcus Pretzell den kleinen PR-Coup geschickt aus, baute Reil zum potenziell­en Zugpferd auf, obwohl der von seiner neuen Partei nicht einmal mit einem aussichtsr­eichen Listenplat­z belohnt worden war.

Am Ende bleibt Reil vorerst nur die Gewissheit, für Schlagzeil­en gesorgt zu haben. Im künftigen Düsseldorf­er Landtag sitzt er nicht. Auch für ein Direktmand­at in seinem Wahlkreis »Essen I - Mülheim II« reichte es nicht. Es ist eine Niederlage, die dennoch auch einen Erfolg enthält. Reil holte mit 13,4 Prozent das beste AfD-Direktwahl­ergebnis. In Karnap, direkt vor seiner Haustür, erzielte die AfD sogar 20,3 Prozent. Ähnlich sieht es in Vogelheim aus.

Auf der Landkarte fällt auf: Die AfD punktete im Ruhrgebiet. Essen sticht besonders hervor. In zwei von vier Wahlkreise­n holte die Partei mit 13,1 und 12 Prozent überdurchs­chnittlich­e Ergebnisse. Noch stärker ist sie in Gelsenkirc­hen. Ausgerechn­et im Wahlkreis, der ehemalige Arbeitervi­ertel wie Schalke und Bismarck umfasst, fuhr die AfD mit 15,2 Prozent ihr stärkstes Ergebnis ein.

Letztlich heißt dies aber nicht, die AfD habe besonders stark bei Arbeitern gepunktet. Laut der Forschungs­gruppe Wahlen holte sie mit acht Prozent in dieser Gruppe ein leicht überdurchs­chnittlich­es Ergebnis, bei den Beamten und Selbststän­digen (jeweils sieben Prozent) schnitt die Partei aber kaum schwächer ab. Gäbe es so etwas wie die durchschni­ttlichen AfD-Wähler in NRW, so wären dies Männer mittleren Alters mit niedrigen bis mittleren Bildungsab­schlüssen.

Doch den Einzug in den bundesweit inzwischen 13. Landtag will in der Partei niemand wirklich feiern. Pretzell hatte als Ziel ein zweistelli­ges Ergebnis ausgegeben. Auch für ihn ist der Wahlausgan­g weder ein richtiger Sieg, noch eine Niederlage. Immerhin kann sich der NRW-Spitzenkan­didat damit beruhigen, dass das Ergebnis ausreicht, um im parteiinte­rnen Machtkampf nicht weiter geschwächt zu werden.

Pretzell sah die Gründe, warum die AfD nicht zweistelli­g abschnitt, letztlich nicht beim Landesverb­and. Bei Landtagswa­hlen könnten sich die Wahlkämpfe­r »nie ganz vom Bundestren­d abkoppeln«, erklärte er mit Blick auf den erbitterte­n Führungsst­reit in der AfD-Bundesspit­ze. Auch das ist nur ein Teil der Wahrheit: Zwischen Rhein und Ruhr gab die Rechtsauße­npartei zuletzt ebenfalls kein Bild der Geschlosse­nheit ab. Pretzell und Co-Landeschef Martin Renner liefern sich einen erbitterte­n Streit um die Führung. Letztlich sind interne Querelen daher auch der wichtigste Grund, warum die AfD derzeit keine größeren Erfolge einfährt.

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