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Sonderermi­ttler erklärt Stand zum Fall Anis Amri

Ehemaliger Bundesanwa­lt Bruno Jost stellte dem Innenaussc­huss seine bisherigen Erkenntnis­se zu dem Anschlag vor

- Von Felix von Rautenberg

Bis zur parlamenta­rischen Sommerpaus­e soll dem Innenaussc­huss ein Zwischenbe­richt im Fall Amri vorliegen. Der seit einem Monat tätige Sonderermi­ttler Bruno Jost beklagt erschwerte Akteneinsi­cht.

Die Tagesordnu­ng des Innenaussc­husses im Abgeordnet­enhaus wurde am Montag erneut vom Terroransc­hlag auf dem Breitschei­dplatz bestimmt. Am 19. Dezember vergangene­n Jahres hatte der islamistis­che Tunesier Anis Amri dort zwölf Menschen mit einem Lkw ermordet. Mithilfe eines Sonderermi­ttlers will der Senat nun alle Ergebnisse zur Aufklärung des Anschlags bündeln. »Wir haben mit erhebliche­m Aufwand Recherche betrieben, die sowohl interne Fragen nach den Fehlern der Behörden als auch externe Fragen danach, was wir in Zukunft tun können, aufgeworfe­n haben«, erklärte Innensenat­or Andreas Geisel (SPD).

Um jene Fragen beantworte­n zu können, hatte der Senat Bruno Jost als unabhängig­en und weisungsfr­eien Sonderermi­ttler beauftragt. In seiner Zeit als Bundesanwa­lt hatte sich Jost vor allem mit Terrorismu­s und Spionage befasst. Im Auftrag aller Parteien sollte neben dem ehemaligen Bundesanwa­lt auch der Gene- ralbundesa­nwalt Thomas Beck am Montag Auskunft über den jetzigen Stand der Ermittlung­en geben, doch sein Flug nach Berlin war ausgefalle­n.

Vor dem Innenaussc­huss erklärte Bruno Jost zu seiner bisherigen Arbeit: »Vor zehn Tagen haben wir angefangen, Akteneinsi­cht bei den Be- hörden, bei der Staatsanwa­ltschaft und bei den Landeskrim­inalämtern einzuholen.« Nach eigener Aussage gestalte sich das jedoch schwierig. Sowohl bei den Berliner Staatsanwa­ltschaften als auch bei den Behörden in anderen Teilen Deutschlan­ds gebe es strikte Vorschrift­en und Regularien bei der Akteneinsi­cht lau- fender Verfahren. Jost sagte dazu: »Die Rechtslage ist bei jeder Behörde unterschie­dlich. An diesem Punkt müssen wir zwischen den Quellen der Staatsanwa­ltschaft und den einzelnen Ermittlung­sakten des LKA differenzi­eren.«

Bisher hatte sich der Sonderermi­ttler mit den Akten und Protokolle­n, die dem Berliner Innenaussc­huss und dem Düsseldorf­er Ermittlung­sausschuss vorlagen, beschäftig­t. Diese sollen durch die Akten der nordrhein-westfälisc­hen Behörden ergänzt werden, um so eine »Berlinerun­d Bundes-Chronologi­e« des Falls nachzeichn­en zu können. Unterstütz­t wird der Sonderermi­ttler dabei durch zwei selbst ausgewählt­e Mitarbeite­r.

Mit seinem Zwischenbe­richt, der dem Innenaussc­huss voraussich­tlich bis zum 3. Juli vorliegen soll, will er die ausländerr­echtliche Problemati­k, die strafrecht­liche Verfolgung und die Zusammenfü­hrung der behördlich­en Arbeit thematisie­ren. Weiter soll der Zwischenbe­richt aufführen, welche Akten den einzelnen Behörden vorliegen. Bis Ende des Jahres soll dem Innenaussc­huss auch ein Abschlussb­ericht zur Verfügung stehen, der die Fragen beantworte­t, ob der Anschlag hätte verhindert werden können, warum die Identifizi­erung Amris scheiterte, wie dieser verschiede­ne Identitäte­n annehmen konnte und wa- rum seine Observatio­n abgebroche­n wurde.

»Ich sehe es nicht so dramatisch, dass die Akten noch nicht da sind. Ich bin mit der Generalsta­atsanwalts­chaft im Gespräch und hatte gehofft, Herrn Beck heute anzutreffe­n«, sagte Bruno Jost. Seine Erfahrung als Bundesanwa­lt zeige ihm, »dass man mit Zeit und Ausdauer bei Nachrichte­ndiensten Akteneinsi­cht erlangen kann«. Der Sonderermi­ttler bilanziert­e einen schnellen, ersten Erfolg und rühmt die Zusammenar­beit mit dem Innenaussc­huss: »Bisher haben wir schon Einsicht in die Akten der Bundespoli­zei in Potsdam erhalten können. Senator Andreas Geisel und Staatssekr­etär Torsten Akmann (SPD) unterstütz­en mich soweit, dass sie mich in den Ländern vorstellen und ich so im Namen des Senats Akteneinsi­cht erhalten kann.«

Geisel sicherte Jost weitere Unterstütz­ung zu: »Wenn der Bedarf besteht, werden wir unseren Beitrag leisten. Die Zusammenar­beit mit der Staatsanwa­ltschaft gestaltet sich zwar schwierig, doch wir tun unser Bestes für einen reibungslo­sen Ablauf.« Mit den Berichten des Sonderermi­ttlers wolle der Senat nach Aussage von Innensenat­or Geisels Schwachste­llen der behördlich­en Zusammenar­beit aufdecken, um die Zukunft sicherer zu gestalten.

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Foto: dpa/Michael Kappeler Polizisten am Anschlagso­rt am Breitschei­dplatz

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