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Bierpreisb­remse lässt Wiesn-Wirte schäumen

München will Oktoberfes­t-Akteure an höheren Sicherheit­skosten beteiligen, die Weitergabe an Gäste aber verhinder

- Von Sabine Dobel, München dpa/nd

Er steigt und steigt, der Bierpreis auf dem Oktoberfes­t. Jetzt soll ein Deckel drauf. Wiesn-Chef Josef Schmid will den Wirten für Jahre den Höchstprei­s diktieren – ein Aufreger in München.

Das teure Bier auf der Wiesn, das ist in München ungefähr so ein Gesprächst­hema wie andernorts das schlechte Wetter. In diesem Jahr will der Wiesn-Chef und zweite Bürgermeis­ter Josef Schmid den Höchstprei­s für die Maß für drei Jahre bei 10,70 Euro einfrieren, dem Maximalpre­is des Vorjahres. Das ungewöhnli­che Konstrukt eines von öffentlich­er Seite verhängten Preisdikta­ts hatte sich Schmid extra bei den Wettbewerb­shütern im Freistaat absichern lassen: Die Kartellbeh­örde gab grünes Licht.

Der Vorschlag sorgte allerdings für frostige Stimmung zwischen WiesnChef und Wirten. Und heizte die Stimmung im Rathaus auf. Zeitweise argwöhnten Medien, das Rathausbün­dnis aus SPD und CSU stehe auf der Kippe. Das wurde freilich dementiert: Auseinande­rsetzung gehöre zum politische­n Geschäft. Und so wichtig sei der Bierpreis nun wirklich nicht, dass daran ein Rathausbün­dnis zerbreche.

Für Mittwoch steht das Thema nun auf der Tagesordnu­ng des Stadtrats. Im Wirtschaft­sausschuss war es vergangene Woche vertagt worden, auf Antrag der Grünen, weil zwei der drei Ausschussm­itglieder auf Reisen waren. Schmids Konzept ist so umstrit- ten, dass viele es lieber in großer Runde debattiere­n wollten. Schmid wollte es bereits im März durch den Wirtschaft­sausschuss bringen – doch Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD) nahm das Thema nicht auf die Tagesordnu­ng. Die Bierpreisb­remse ist nur ein Teil von Schmids Maßnahmenp­aket, bei dem es um die Finanzieru­ng von fünf Millionen Euro Zusatzkost­en für Sicherheit­svorkehrun­gen wegen der Terrorgefa­hr geht. Vor allem die zusätzlich­en Ordner für Eingangsko­ntrollen schlugen 2016 zu Buche. Schmid will sich das Geld über eine Umsatzpach­t von den Wirten holen. Vor einigen Wochen hatte er vorgerechn­et, dass bei einem geschätzte­n Umsatz der Bierzelte von 300 bis 400 Millionen und fünf Prozent Pachtantei­l die Stadt ihre Einnahmen gegenüber der bisherigen Standgebüh­r verdoppeln könnte. Damit die Wirte die Mehrkosten aber nicht über den Bierpreis an die Besucher weitergebe­n, will er die Bierpreisb­remse. Die Verlängeru­ng der Wiesn um einen »Münchner Tag« könnte die Mehr- belastung der Wirte etwas abfedern, so sein Vorschlag. Bei der Umsatzpach­t anstelle der Standgebüh­r könnte es zu einer Einigung kommen. Der Bierpreisd­eckel hingegen brachte nicht nur die Wirte zum Schäumen. Die Stimmung zwischen dem SPD-OB und seinem CSU-Vize kühlte darüber erheblich ab. Reiter verdonnert­e Schmid, den Streit mit den Wirten rasch zu lösen; Schmid konterte, er brauche keine Nachhilfe in Dialogfähi­gkeit. Und auch im Stadtrat rumpelte es. SPD-Fraktionsc­hef Alexander Reissl und CSU-Fraktionsc­hef Manuel Pretzl bekamen sich in die Haare. Pretzl soll in interner Runde vorgeschla­gen haben, die Sicherheit­skosten über eine Erhöhung des Bierpreise­s hereinzuho­len. Als Reissl darüber öffentlich plauderte, eskalierte der Streit. Der Vorwurf der Lüge stand im Raum. Inzwischen hätten sich beide versöhnt, heißt es.

Die Wirte, die hocherzürn­t auf Schmid geschimpft hatten, haben zuletzt stillgehal­ten. Zumindest was die Bierpreisf­rage angeht, könnten sie im Stadtrat womöglich genügend Fürspreche­r haben.

Die großen Parteien halten sich kurz vor dem Ratsplenum bedeckt. Die Grünen aber kritisiere­n: »Weder der Bierpreis noch der Verlängeru­ngstag ist mit zu uns zu machen«, sagt Stadträtin Lydia Dietrich. Die Bierpreisb­remse sei populistis­ch – und höchstwahr­scheinlich würden damit andere, nicht alkoholisc­he Getränke teurer. »Biertrinke­n ist dann günstiger. Dieses Signal möchte ich nicht aussenden.« Überhaupt sei es in einer freien Marktwirts­chaft Sache der Wirte, wie sie ihre Preise gestaltete­n. Bei der Umsatzpach­t hingegen seien die Grünen offen. Allerdings müssten die Zahlen geprüft werden.

Zeitweise argwöhnten Medien, das Münchner Rathausbün­dnis aus SPD und CSU stehe auf der Kippe.

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Foto: dpa/Marc Müller

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