nd.DerTag

Hinterfrag­te Warenprodu­ktion

Zu »›Wir hätten es wagen müssen‹«, 29./30.4., S. 22

- Hermann Jacobs, Berlin

»Ob im Sozialismu­s Warenprodu­ktion herrschte«, fragt Tom Strohschne­ider in seinem Interview Erika Maier, »die Leute streiten heute noch darüber«. Nun, gingen wir von der Marxschen Prämisse aus, wonach »nur unabhängig voneinande­r betriebene Privatarbe­it/-arbeiter« ihre Produkte als Waren veräußerte­n, müssten wir bereits den Kapitalism­us als keine Form mehr der Warenprodu­ktion definieren. Denn ab ihm existiert die Marxsche Voraussetz­ung der Arbeit nach nicht mehr. Die Produktion wird zwar noch von Privateige­ntümern der Arbeit betrieben, Kapitalist­en genannt, sie ist der Arbeit nach aber gesellscha­ftliche Arbeit, voneinande­r abhängig betriebene Arbeit. Wir könnten bereits ab dem Kapitalism­us, gingen wir von der Arbeit eines neuen, eines gesellscha­ftlichen Charakters aus, nach neuen, anderen Formen/Gesetzen der Arbeit als denen der Warenprodu­ktion fragen. Zum Beispiele nach dem der proportion­alen, also nicht mehr äquivalent­en Aneignung (dem des Wertes oder eigenen Arbeitsauf­wandes äquivalent) fragen.

Bereits im Kapitalism­us wird die Warenprodu­ktion nicht mehr auf Basis ihrer objektiven Grundlage betrieben. Nur die Eigentumsf­orm entspricht noch der ursprüngli­chen Voraussetz­ung, aber auch hier mit einem entscheide­nden Unterschie­d: Der private Eigentümer von Arbeit arbeitet nicht mehr selber.

Zwei Dinge also haben sich zum Gegensatz der Warenprodu­ktion entwickelt: Arbeit und Arbeiter. Aber das ist ja – seit Marx bzw. im Grunde – alles bekannt. Theoretisc­h müsste die Frage des Erhalts noch der Warenprodu­ktion ausgehend vom Lohnarbeit­er entschiede­n werden. Braucht man sie denn für den Lohn? Beim Sozialismu­s interessie­rt nur das eine: Inwieweit er sich bereits dieses Gegensatze­s bewusst war und ihn Formen nach umgesetzt hatte. Da gibt es Aufholbeda­rf.

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