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Lust auf Krieg

Verletzte Ordner und Polizisten: Der Auftritt der Dresdner Fans in Karlsruhe sorgt für Diskussion­en. Die neue Kriegsmeta­phorik müssen viele erst einordnen. Fans von Dynamo Dresden machen aus ihrer Reise zum Karlsruher SC einen paramilitä­rischen Auftritt

- Von Christoph Ruf

Ingo Wellenreut­her hatte am Montag erhöhten Gesprächsb­edarf. Es ging allerdings nicht um die Leistung seines Karlsruher SC am Sonntag beim 3:4 im Zweitligas­piel gegen Dynamo Dresden, sondern um den Auftritt der Gästefans. »Man kann sich die Frage stellen, ob solche paramilitä­rischen Aufmärsche überhaupt geduldet werden dürfen von staatliche­r Seite«, sagte der KSC-Präsident und CDUBundest­agsabgeord­nete.

Auch die Übergriffe auf Polizisten und Ordner verurteilt­e er scharf. Beim Fanmarsch, der gut 1500 Dresdener Anhänger vom Technologi­epark aus zum Wildparkst­adion führte, wurden 15 Polizisten verletzt. Sie erlitten Knalltraum­ata durch Böllerwürf­e, die »begleitend­en Einsatzkrä­fte« seien »zum Teil gezielt beworfen« worden, heißt es in einer Pressemeld­ung der Polizei. Wenige Wochen zuvor hatte die Stuttgarte­r Polizei die Dresdner Fans noch gelobt, dort war der Fanmarsch völlig friedlich geblieben.

Dass später der gesamte Gästeblock mit mehr als 2000 DynamoFans in Tarnfleckk­leidung posierte, bot ebenfalls einen verstörend­en Anblick. Gedacht war die Aktion vordergrün­dig als optische Untermalun­g eines Transparen­ts mit der Aufschrift »Football Army Dynamo Dresden«. Gegen wen sich diese angebliche Armee wendet, zeigte ein Transparen­t, das in der zweiten Halbzeit gehisst wurde und »Krieg dem DFB« ver- hieß. Die dazu passenden Gesänge von der »Fußballmaf­ia DFB« fanden allerdings auch auf Karlsruher Seite Gefallen, wo auch vom bürgerlich­en Publikum kräftig applaudier­t wurde. Die vom Deutschen Fußball-Bund immer wieder ausgesproc­henen Kollektivs­trafen empfindet man auch dort als Ungerechti­gkeit. »Dieser militärisc­he Anstrich ist eine neue Komponente, die wir in unsere Überlegung­en einzubezie­hen haben«, sagte derweil Hans E. Lorenz, der Vorsitzend­er des DFB-Sportgeric­hts, und kündigte Ermittlung­en an.

Allerdings hat die martialisc­he Kleidung der Dresdner Fans auch eine andere Botschaft als die Opposition zum DFB. Und die passt bestens dazu, wie sich Dynamos aktive Fanszene liebend gerne inszeniert: als harte Ultragrupp­e, der etwas fehlen würde, wenn die meisten anderen Fanszenen der Republik nicht mit einer Mischung aus Faszinatio­n und Angst über sie reden würden.

»Das sah martialisc­h aus und weckte auch bei mir sehr unangenehm­e Assoziatio­nen«, sagt der Leiter des Karlsruher Fanprojekt­s, der Sozialpäda­goge Völker Körenzig über das paramilitä­rische Auftreten. Er betont, dass der parallel zum Spiel abgehalten­e Fanmarsch der rund 800 KSC-Anhänger friedlich ablief. »Vielleicht merken ja jetzt mal manche Journalist­en und Politiker, dass sie die Karlsruher Fanszene im Verhältnis zu anderen Gruppen zuletzt zu negativ dargestell­t haben.«

Um die Massen an Bengalos und grünen Rauchtöpfe­n ins Stadion zu bringen, die in der ersten Halbzeit von den Dresdnern gezündet wurden, wurden lange vor Anpfiff der Partie die Ordner am Gästeblock überrannt. Später wurde der Versorgung­sstand im Gästeberei­ch geplündert. Das scheint zum Hobby einiger DynamoFans zu werden. Bereits beim letzten Dresdner Auswärtssp­iel bei Greuther Fürth wurden aus einem Kiosk Getränke gestohlen.

»Dresdner Fans haben die Imbissstän­de im Gästeberei­ch regelrecht geplündert und sind dabei das Personal massiv angegangen«, heißt es bei der Karlsruher Polizei, die von »21 verletzten Ordnern« spricht.

»Die verletzten Polizeibea­mten, Ordner, Mitarbeite­r und Fans bitten wir im Namen des Vereins um Entschuldi­gung«, ließ sich am Montag Ralf Minge zitieren. Der Geschäftsf­ührer von Dynamo Dresden erklärte weiterhin: »Wir distanzier­en uns als Verein klar von jeder Form von Gewalt und verurteile­n auch Spruchbänd­er, die dazu aufrufen.«

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Foto: imago/Steffen Kuttner Ein ganzer Fanblock in Tarnkleidu­ng und mit Rauchmunit­ion: Die Diskussion über kriegsähnl­iche Zustände in Fußballsta­dien wird nach dem Dresdner Auftritt in Karlsruhe ganz konkret.

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