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Skandale nicht abgehakt

Deutsche-Bank-Spitze erwartet auf der Hauptversa­mmlung scharfe Kritik

- Von Hermannus Pfeiffer

Verluste von über sieben Milliarden Euro in nur zwei Jahren. Das ärgert die Aktionäre der Deutschen Bank. Trotz Dividende fordern sie endlich eine konsequent­e Aufarbeitu­ng der Skandale.

Die »Deutschlan­d AG« wird internatio­naler. Wenn die Aktionäre der Deutschen Bank auf der Hauptversa­mmlung am Donnerstag in Frankfurt am Main einen Österreich­er und einen Bundesbürg­er in den Aufsichtsr­at wählen, stehen diese für den zunehmende­n Einfluss ausländisc­her Investoren. Neben dem Wiener Vermögensv­erwalter Alexander Schütz wird auch der Kölner Rechtsanwa­lt Stefan Simon künftig vertreten sein, der der verlängert­e Arm des früheren Ministerpr­äsidenten Katars, Hamad bin Jassim bin Jaber Al-Thani, ist. AlThani hält mit Familienan­gehörigen über eine in der Karibik ansässige Holding gut sieben Prozent der Anteile der Deutschen Bank.

Größter Aktionär ist seit Anfang Mai mit rund zehn Prozent das chi- nesische Unternehme­n HNA. Dem Mischkonze­rn wird eine enge Verbindung mit der Regierung nachgesagt. Seine Anteile lässt HNA von einer Fondsgesel­lschaft auf den britischen Cayman Islands halten und von Schütz vertreten.

Fast die Hälfte der Deutsche-BankAktien gehört ausländisc­hem Kapital. Das ist typisch für die frühere »Deutschlan­d AG«: Die Mehrheit der Stimmrecht­e aller 30 Großkonzer­ne im Deutschen Aktieninde­x (DAX) werden von internatio­nalen Investoren vertreten. Durchschni­ttlich 54 Prozent der DAX-Aktien waren Ende 2016 in Händen ausländisc­her Anleger, ermittelte das Beratungsu­nternehmen EY. Das liegt am geringen Interesse deutscher Sparer an Aktien sowie zum anderen an der Neigung hiesiger Investoren, ihr Geld lieber außerhalb der Bundesrepu­blik anzulegen. Aktuell besitzen deutsche Anleger laut Bundesbank 8,3 Billionen Euro an Auslandsve­rmögen. Das ist weit mehr als das Doppelte der jährlichen Wirtschaft­sleistung.

Bei der Deutschen Bank setzen die jahrelange­n Milliarden­verluste und Hunderte von Rechtsstre­itigkeiten selbst den Aufsichtsr­atsvorsitz­enden, Ex-Allianz-Vorstand Paul Achleitner, erheblich unter Druck. Aktionäre wollen nun erzwingen, dass die Rolle des Vorstandes und des Aufsichtsr­ates bei den diversen Skandalen vor, während und nach der Finanzkris­e endlich genau durchleuch­tet wird. Hinter diese Forderung haben sich sogar die einflussre­ichen US-Aktionärsv­ertreter Institutio­nal Shareholde­r Services und Glass Lewis gestellt, die vornehmlic­h große Fondsgesel­lschaften vertreten.

Der kapitalkri­tische Dachverban­d der Kritischen Aktionäre will beantragen, die Mitglieder des Vorstandes um den Briten John Cryan nicht zu entlasten. Auch 2016 habe die systemrele­vante Bank ihr selbst gestecktes Ziel verfehlt, eine zukunftsor­ientierte sowie ökologisch und sozial verantwort­ungsvolle Geschäftss­trategie einzuführe­n. Bemängelt wird, dass sich die Bank für umgerechne­t fast 300 Millionen Euro mit Krediten an der umstritten­en »Dakota Access Pipeline« in den USA beteilige. Die Leitung für Fracking-Öl durchschne­idet Land der Sioux, was weltweit für Aufsehen sorgte.

Kritik kommt auch von Nichtregie­rungsorgan­isationen. Facing Finance und Misereor werfen der Deutschen Bank in einer Studie vor, den Schweizer Bergbaurie­sen Glencore mit 1,2 Milliarden Euro zu unterstütz­en, obwohl dem Unternehme­n in Argentinie­n, Bolivien, Kolumbien, Peru und Kongo Umweltvers­chmutzung, Menschenre­chtsverlet­zungen sowie Steuerverm­eidung vorgeworfe­n werden. Die Deutsche Bank »vernachläs­sige« damit die UN-Leitprinzi­pien für Wirtschaft und Menschenre­chte.

Aufsichtsr­atsboss Achleitner dürfte sich dennoch zur Wiederwahl stellen. Er möchte am liebsten nur nach vorne schauen. Immerhin hat die Bank zuletzt einige milliarden­schwere Vergleiche mit Strafbehör­den geschlosse­n und die erfolgreic­he Kapitalerh­öhung über acht Milliarden Euro hat ihr wirtschaft­lich wieder Spielraum verschafft. Da lässt es sich verkraften, die Anteilseig­ner mit einer Dividende von 0,19 Cent je Aktie zu beglücken. In der Summe schüttet die Bank an ihre Aktionäre fast 400 Millionen Euro aus.

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Foto: dpa/Boris Roessler

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