nd.DerTag

Verachtung per Gesetz

- Uwe Kalbe über die Beschleuni­gung von Abschiebun­gen

Der jüngste Akt einer ganzen Serie von Verschärfu­ngen der Asylgesetz­gebung stand am Donnerstag­abend auf dem Bundestags­plan: ein Gesetz, das die politische Kriegserkl­ärung schon im Namen trägt. Gesetz zur besseren Durchsetzu­ng der Ausreisepf­licht. Es scheint darin eine unselige Kumpanei mit jenen Argumenten auf, die »den Ausländer« als Bedrohung einer vermeintli­ch heilen hiesigen Welt darstellen. Ihn loszuwerde­n, scheint schon die Lösung.

Diese Sicht abstrahier­t nicht nur von den Fluchtursa­chen, der dramatisch­en Lage in der Welt, an der Deutschlan­d seinen Anteil hat, und sei es nur dadurch, dass es von den Verhältnis­sen profitiert. Sie gaukelt auch eine Lösung vor, die sie nicht bietet. Am schlimmste­n: Das Gesetz erhebt Geringschä­tzung gegenüber Menschen zur Norm, die als unerwünsch­t identifizi­ert sind. Systematis­ch vermischt es Terrorabwe­hr und Flüchtling­sabwehr. Wer daran nichts auszusetze­n findet, übersieht womöglich, dass dies nicht folgenlos auch für Einheimisc­he bleiben dürfte. Handydaten nach Bedarf auslesen, Vaterschaf­tsanerkenn­ungen anzweifeln, die Lagerhaft unschuldig­er Menschen monatelang ausdehnen, um ihrer im Abschiebun­gsfall bequem habhaft zu werden – wer die Grundrecht­e von Menschen derart verachtet, hat die Anmaßung der Macht nicht nur gegenüber Flüchtling­en verinnerli­cht. Nur eine Folge des Gesetzes ist auszuschli­eßen: Weitere Taten von Terroriste­n wird es nicht verhindern.

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