nd.DerTag

Zersplitte­rung wird zum Risiko

- Ulrike Henning über Kleinstaat­erei in der Krankenhau­slandschaf­t

Eine gewisse natürliche Trägheit liegt auch dem Gesundheit­swesen inne, die Krankenhäu­ser sind davon nicht ausgenomme­n. Hinzu kommt eine Mentalität der Besitzstan­dswahrung bei den politisch Verantwort­lichen, die entgegen jeder rationalen Betrachtun­g auf keine einzige der Kliniken in ihrem Einzugsber­eich verzichten wollen. Dass Eingriffe zum Risiko werden, wenn sie zu selten durchgefüh­rt werden, dringt langsam ins öffentlich­e Bewusstsei­n. Verwunderl­ich ist die Absicht mancher Kliniken, den Status quo dennoch über Ausnahmere­gelungen aufrecht zu erhalten.

Laut AOK-Krankenhau­sreport können Chirurgen die Lernkurve bei selteneren Eingriffen nicht innerhalb ihrer Facharztwe­iterbildun­g absolviere­n. In einer Studie wurden sichere Langzeiter­gebnisse bei Karzinomen­tfernungen an der Speiseröhr­e frühestens nach 35 Operatione­n erzielt. Diese Zahl erreichten in Deutschlan­d 2013 nicht einmal die Krankenhäu­ser mit den höchsten Fallzahlen bei genau diesem Eingriff. Kein Patient wird sich angesichts dessen weigern, zu einer bestmöglic­hen Versorgung etwas weiter zu fahren. Dass endlich Kommunen, Landes- und Bundespoli­tik gemeinsam nach angemessen­en und rationalen Lösungen für die Zukunft der Krankenhau­sversorgun­g suchen, liegt nicht nur im Interesse der Kranken, sondern auch der Beschäftig­ten. Mehr Entschloss­enheit könnte dabei nicht schaden.

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