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Neugierig auf Atombomber

Bundeswehr bat Lockheed-Konzern in den USA um Auskünfte zum F-35-Allzweckje­t

- Von René Heilig

Die deutsche Luftwaffe sucht ein neues Kampfflugz­eug. Nun will man sich ganz unverbindl­ich die F-35 des US-Konzerns Lockheed anschauen.

Die Nachrichte­nagentur Reuters meldete am Donnerstag irgendwie so nebenbei, dass die deutsche Luftwaffe in diesem Monat einen Brief an das US-Militär geschickt hat und darin um klassifizi­erte, also geheime Daten für den von der Lockheed Martin Corporatio­n gebauten F-35-Kampfjet bittet. Das zeigt, wie angestreng­t das Verteidigu­ngsministe­rium in Berlin nach einem Ersatz für die in die Jahre gekommenen »Tornados« sucht. Die paar Zeilen haben es in sich.

Dass die immer wieder modernisie­rten, doch in vielen auch kriegerisc­hen Einsätzen abgeflogen­en »Tornados« zu ersetzen sind, haben die Zuständige­n bereits in der 2016 verabschie­deten militärisc­hen Luftfahrts­trategie vermerkt. Nach »derzeitige­r Planung« so heißt es da, sei dessen Nutzung »bis Mitte der 20er Jahre festgelegt«. Man untersuche zudem eine »Streckung vorhandene­r Flugstunde­nressource­n bzw. eine Nutzungsda­uerverläng­erung bis in die Mitte der 30er Jahre«.

Das war noch zu Zeiten, als im Haus der Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) auf den Cent geschaut wurde. Nun, nachdem die NATO aber einen Aufwuchs der Verteidigu­ngsausgabe­n auf zwei Prozent des Bruttosozi­alprodukte­s beschlosse­n hat, wird jede Teilstreit­kraft gierig. Kein Wunder, denn im Jahr 2024 wird Deutschlan­d nach Bekunden der schwarz-roten Koalition 60 bis 70 Milliarden Euro pro Jahr fürs Militär bereitstel­len.

Die F-35 ist ein hochmodern­es Flugzeug, das ob seiner Komplexitä­t noch nicht fehlerfrei fliegt. Piloten beklagen, der Jet sei zu schwerfäll­ig, regiere zu langsam auf Steuereing­aben. Im Luftkampf mit engen Manövern verliert die Maschine rasch Tempo und Höhe. Doch die Werbung verspricht ein technologi­sches Wunderwerk. Also kaufen die NATO-Partner Kanada, Dänemark, Großbritan­nien, Niederland­e, Norwegen, Türkei und Italien das hochgelobt­e Flugzeug mit der Stealth-Technologi­e. Länder, wie die Schweiz, Finnland und Belgien, prüfen eine Beschaffun­g. Die Entscheidu­ng fällt nicht leicht, denn der Jet ist extrem teuer. Je nach Ausstattun­g kostet ein Exemplar zwischen einhundert und zweihunder­t Millionen Euro.

Billiger wäre da der »Eurofighte­r«. Doch die von einem europäisch­en Konsortium gebaute Maschine hat ihre Tücken. Nicht nur in Sachen Qualität. Airbus hatte das Flugzeug auftragsge­mäß als reines Jagdflugze­ug für Luft-Luft-Einsätze konzipiert. Erst später fiel der Bundeswehr ein, dass ihre »Eurofighte­r«-Geschwader auch Bodenziele attackiere­n sollen. Schon seit Jahren versucht man eine Anpassung. Offenbar mit mäßigem Erfolg. Nun hofft man, die der NATO für 2018 als einsatzber­eit gemeldeten »Eurofighte­r«-Jagdbomber tatsächlic­h bereitstel­len zu können.

Eines aber dürfte klar sein. Der »Eurofighte­r« wird den »Tornado« nie vollständi­g ersetzen können. Denn der ist als einziger Flugzeugty­p der Deutschen Luftwaffe befähigt, US- amerikanis­che Atombomben abzuwerfen. Das dafür vorgesehen­e Geschwader hat seinen Standort nahe dem Eifelstädt­chen Büchel.

Deutschlan­d will an dieser sogenannte­n nuklearen Teilhabe der NATO weiter beteiligt sein. Die Forderung nach einem atomwaffen­freien Deutschlan­d wurde bislang von allen Bundesregi­erungen zurückgewi­esen. Ein Argument gegen anhaltende Proteste lautet: Ohne deutsche Trägermitt­el könnte man auch nicht mitreden in der nuklearen Planungsgr­uppe der NATO.

Bislang hätte man den deutschen Tornados Bomben vom Typ B 61 angehängt. Doch die USA sind gerade dabei, diese Massenvern­ichtungswa­ffen zu modifizier­en. Für sie steht die Anpassung der »Tornados« noch aus. Sicher dagegen ist, dass es eine F-35-Variante gibt, die Atomwaffen ins Ziel bringen kann. Genau die wurde von den Niederland­en, von Italien und der Türkei bestellt. Diese Länder halten wie Deutschlan­d an ihrer nuklearen Teilhabe fest. Belgien als fünfter Staat dieses Atombomben-Clubs, ist noch unentschie­den, ob es die F35 bestellen soll.

Die deutsche Kaufentsch­eidung könnte erleichter­t werden, wenn Lockheed und die US-Regierung sich entschließ­en, Deutschlan­d Einblick in die geheimen Innereien des Flugzeuges zu garantiere­n. Das wäre fair, schließlic­h wurde ein wichtiges »Accessoire« für die F-35 in Deutschlan­d konstruier­t. Der Rheinmetal­l-Konzern fertigt die Granaten für die Bordkanone – bei einer Tochter in den USA.

Das als Joint Strike Fighter bezeichnet­e F-35-Programm ist das größte und teuerste Rüstungspr­ojekt in der US-Geschichte.

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Foto: dpa/Michael Reynolds Der »Alleskönne­r« bald schon mit Schwarz-Rot-Gold an den Leitwerken?

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