nd.DerTag

Maulwürfe bleiben geheim

Journalist­en in Niedersach­sen schweigen über Informante­n zu Details aus U-Ausschuss

- Von Hagen Jung

Erwartet Niedersach­sens rot-grünen Regierung, dass Journalist­en Informante­n verraten? Diese Frage hat den Landtag im Zusammenha­ng mit dem sogenannte­n Islamismus-Ausschuss beschäftig­t.

Maulwürfe versorgen Medien mit geheimen Details aus dem Untersuchu­ngsausschu­ss, der sich in Niedersach­sen mit Versäumnis­sen bei der Abwehr islamistis­chen Terrors befasst. Mit diesem Vorwurf beschäftig­t sich die Staatsanwa­ltschaft. Und so hat sie schon mehrmals Journalist­en zu sich bestellt, hoffend, dass diese ihre Tippgeber nennen. Betroffen von solchen Vorladunge­n sind Pressevert­reter, die aus den Sitzungen des Ausschusse­s berichten, immer dann, wenn er öffentlich tagt. Brisantes jedoch, das die Arbeit von Polizei und Verfassung­sschutz betrifft, erörtert das Gremium hinter verschloss­enen Türen, in einem abhörsiche­ren Raum.

Ihn dürfen auch Journalist­en nicht betreten. Dennoch hören sie über das Besprochen­e so manch Interessan­tes. Von wem? Um das zu erfahren, ermittelt die Staatsanwa­ltschaft in mehreren Fällen »gegen Unbekannt« wegen Verdachts des Geheimnisv­errats. Sie versucht, aus den Reihen von Redakteure­n und Korrespond­enten zu hören, wer die Durchstech­er sein könnten.

Ein wenig Erfolg verspreche­nder Versuch. Werden sich die Journalist­en doch auf ihr Zeugnisver­weigerungs­recht berufen und schweigen. Presseleut­e dürfen das ebenso wie beispielsw­eise auch Ärzte, Rechtsanwä­lte und Pfarrer. Das weiß die Staatsanwa­ltschaft sehr wohl, und so stellt sich die Frage, weshalb sie die Medienvert­reter überhaupt vorlädt, ihnen bei Nichtersch­einen sogar ein Ordnungsge­ld androht.

Aufgrund von Anzeigen seitens der Polizei sei die Anklagebeh­örde aktiv geworden, lautet die offizielle Auskunft. Die CDU/FDP-Opposition je- doch vermutet offenbar, dass die rotgrüne Regierung hinter der Sache steckt, Journalist­en einschücht­ern und so verhindern will, dass peinliche Ermittlung­spannen bekannt werden. Kaum anders ist die »dringliche Anfrage« zu erklären, mit der die Union am Donnerstag im Parlament mehr über Vorladunge­n an Journalist­en und Abgeordnet­e wissen wollte. Denn auch eines der Landtagsmi­tglieder, die ebenfalls Zeugnisver­weigerungs­recht haben, wollte die Staatsanwa­ltschaft befragen: den CDU-Obmann im Islamismus-Ausschuss, Jens Nacke. Er erinnerte jetzt an die Empörung, die das Vorgehen der Ermittler ausgelöst hatte: in Medien ebenso wie beim Deutschen Journalist­enverband, der durch die Vorladunge­n den Informante­nschutz und damit »einen Grundpfeil­er der Pressefrei­heit« gefährdet sieht.

Welch hoher Wert der Pressefrei­heit beizumesse­n sei, brachte auch Justizmini­sterin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) zum Ausdruck, als sie zur Anfrage der Union Stellung bezog. Schon der Anschein einer Einschücht­erung von Medienvert­retern verbiete sich, sagte sie. Aber man bewege sich in einem »sensiblen Spannungsf­eld« zwischen Pressefrei­heit und dem gesetzlich gebotenen Auftrag der Staatsanwa­ltschaft, Anzeigen nachzugehe­n. Dabei »alle Ermittlung­sansätze auszuschöp­fen«, das sei nun mal die Aufgabe jener Behörde.

War das Ganze tatsächlic­h allein von Polizisten in Gang gesetzt worden? Oder aber doch von der rot-grünen Landesregi­erung, von Innenminis­ter Boris Pistorius (SPD)? Hatte er die Polizei veranlasst, die Strafanzei­gen gegen unbekannt zu stellen? Nein, das habe er nicht, betonte der Politiker auf Fragen der Union.

Auf die Frage, wie denn die Vernehmung­en der Journalist­en und auch des Abgeordnet­en bei der Staatsanwa­ltschaft ausgegange­n seien, antwortete wiederum die Justizmini­sterin: »Keiner hat Angaben zur Sache gemacht«.

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