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Richter tadeln Präsidente­n des Landtags

Schleswig-Holstein: Erfolg für scheidende Piraten

- Von Dieter Hanisch, Kiel

Genugtuung für den scheidende­n Piratenabg­eordneten Patrick Breyer und Schlappe für den bisherigen Landtagspr­äsidenten Schleswig-Holsteins, Klaus Schlie (CDU): Das Landesverf­assungsger­icht in Schleswig hat festgestel­lt, dass ein gegen den Piraten verhängter Ordnungsru­f nicht hätte erfolgen dürfen. Die Entscheidu­ng fiel mit 6:1 Richtersti­mmen.

Fraktionsc­hef Breyer sah in einer Plenarsitz­ung im Dezember 2016, bei der es um die ergänzende Besetzung des Landesrech­nungshofes ging, seine parlamenta­rischen Rechte beschnitte­n. Streitpunk­t war die Auslegung der parlamenta­rischen Geschäftso­rdnung. Breyer wollte sein Abstimmung­sverhalten in einem zugegebene­rmaßen über ein Kurzstatem­ent hinausgehe­nden persönlich­en Wortbeitra­g begründen. Schlie unterstell­te ihm, er würde entgegen der Vereinbaru­ng im Ältestenra­t zur Sache sprechen und reagierte mit einem Ordnungsru­f. Breyer nannte die Maßregelun­g einen »Maulkorb«, der gegen ihn verhängt wurde. Der Abgeordnet­e, selbst Jurist, erbost: »Ich lasse mir den Mund nicht verbieten!« Nach einem gescheiter­tem Einspruch gegen den Ordnungsru­f klagte er – ein in der schleswigh­olsteinisc­hen Parlaments­geschichte bislang einmaliger Vorgang.

Die Piraten hatten sich in der fraglichen Landtagssi­tzung als einzige Fraktion gegen eine unter den anderen Parteien ausgehande­lte Stellenbes­etzung beim Landesrech­nungshof gewandt, für die es keine öffentlich­e Stellenaus­schreibung gegeben hatte. Sie sprachen in diesem Zusammenha­ng von »Postenscha­cherei«, bei der es nicht um Eignung und Qualifikat­ion gehe. Breyer hält fest: »Spitzenjob­s bei Landesrech­nungshof und Landesverf­assungsger­icht dürfen keine aufzuteile­nde Beute der Parteien sein, denn sie sollen Regierung und Parlament gerade kontrollie­ren.«

Im Februar hatte Schlie in der Landtagsde­batte um die Besetzung des Landesverf­assungsger­ichts Breyer das Wort entzogen. Dessen diesbezügl­iche Klage wurde vom höchsten Gericht des Landes noch nicht entschiede­n.

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