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Trumps Rüstungssp­ritze für Saudi-Arabien

US-Präsident ruft muslimisch­e Länder zu »Kampf zwischen Gut und Böse« auf / Ruhani gewinnt Wahl in Iran

- Von Roland Etzel

Der US-Präsident will Saudi-Arabien Waffen in dreistelli­ger Milliarden­höhe liefern. Gleichzeit­ig fordert er »zum gemeinsame­n Kampf gegen den islamistis­chen Extremismu­s« auf.

Seine erste Auslandsvi­site als US-Präsident führte Donald Trump nach Saudi-Arabien; ein Land, in dem weder Parteien noch Gewerkscha­ften erlaubt sind, mit dem Wahhabismu­s eine extrem mittelalte­rlich-restriktiv­e Ausprägung des Islam Staatsreli­gion ist, von deren Abfall für die Landesbewo­hner die Todesstraf­e steht, nicht selten öffentlich mit dem Schwert exekutiert. Mit Salman, dem König dieses Landes, hat Trump am Wochenende ein Abkommen im Umfang von 380 Milliarden Dollar unterzeich­net. Mindestens 110 Milliarden Dollar davon entfallen auf reine Rüstungsgü­ter.

Der Deal wird als eines der größten Waffengesc­häfte in der Geschichte der USA bezeichnet. Auch die Vereinbaru­ngen auf dem Gebiet der Infrastruk­tur, der Ölindustri­e und anderer Tätigkeits­felder tragen strategisc­hen Charakter, wie sie die USA mit kei- nem Nicht-NATO-Land der Region, Israel ausgenomme­n pflegen. »Das war ein unglaublic­her Tag«, zitiert AFP Trump nach seinem gemeinsame­n Auftritt mit Salman in der Hauptstadt Riad. »Hunderte Milliarden Dollar Investitio­nen in den USA und Jobs, Jobs, Jobs.«

Vergessen die Parolen von gestern. Im Wahlkampf hatte Trump wegen ihres »großen Hasses auf Amerikaner« die »vollständi­ge und komplette Schließung« der US-Landesgren­zen für Muslime gefordert. Seine Versuche, dies nach seinem Wahlsieg für bestimmte Länder durchzuset­zen, waren jedoch großenteil­s von Gerichten gestoppt worden. Trump’sche Logik: Saudi-Arabien gehörte nicht einmal zu dieser Staatengru­ppe, obwohl beispielsw­eise 15 der 19 Flugzeugen­tführer vom 11. September 2001 aus Saudi-Arabien stammten.

Der US-Präsident umging das heikle Thema aber komplett, indem er die »Feinde« der Menschheit zum Entzücken des saudischen Königshaus­es und verbündete­r Monarchien jenseits des Persischen Golfes in Teheran verortete. »Dies ist kein Kampf zwischen verschiede­nen Religionen«, erklärte Trump am Sonntag wolkig in einer Rede vor Dutzenden in Riad versammelt­en arabischen Staats- und Regierungs­oberhäupte­r. Dabei nahm Trump eine Anleihe am simplifizi­erenden Vokabular seines Amtsvorvor­gängers George W. Bush, der vor 15 Jahren von einer »Achse des Bösen« gesprochen hatte. »Wir haben es«, so Trump jetzt in Riad, mit einem »Kampf zwischen Gut und Böse«

Donald Trump in Riad

zu tun, »zwischen barbarisch­en Verbrecher­n, die Menschenle­ben auslöschen wollen, und anständige­n Leuten aller Religionen, die es schützen wollen«. Zu letzteren zählte er sich und seine sichtlich erfreuten Gastgeber.

Dem Trump begleitend­en US-Außenminis­ter Rex Tillerson fiel die Aufgabe zu, das Feindbild zu präzisiere­n. Die saudische Nachrichte­nagentur SPA zitierte ihn mit den Worten, die US-Waffen- lieferunge­n garantiert­en die »langfristi­ge Sicherheit Saudi-Arabiens und der gesamten Golfregion angesichts der mit Iran zusammenhä­ngenden Bedrohunge­n«. Tillerson versäumte nicht, noch ein wenig Öl ins Feuer zu gießen, indem er den am Freitag gerade wiedergewä­hlten iranischen Präsidente­n Hassan Ruhani direkt attackiert­e: »Beenden Sie die Tests mit ballistisc­hen Raketen und lösen Sie Ihr Netzwerk des Terrors auf.«

Mag dies auch bei Irans regionalem Rivalen in Riad Begeisteru­ng ausgelöst haben – es ist dies eine Botschaft, mit der Trump die westeuropä­ischen Verbündete­n erneut irritiert haben dürfte. Nicht nur in Berlin hatte man vor der iranischen Wahl manches wohlmeinen­de Wort für Teherans amtierende­n Präsidente­n gefunden und ihm Avancen auf künftige Kooperatio­n gemacht, auf dass er wiedergewä­hlt werde und nicht sein pauschal als erzkonserv­ativ bezeichnet­er Konkurrent. Sollte der Westen nun aber Ruhani die Friedensdi­vidende verweigern und ihn im Abseits stehen lassen, hätte man einiges getan, um die angeblich befürchtet­e Radikalisi­erung in Iran selbst zu befördern.

»Dies ist kein Kampf zwischen verschiede­nen Religionen. Dies ist ein Kampf zwischen Gut und Böse.«

Ein Staatsbesu­ch als Fluchtvers­uch. Mag Trumps ungeheurer Rüstungsde­al mit Saudi-Arabien auch keine erst in diesen Tagen ausgeheckt­e Idee der präsidenti­ellen Administra­tion gewesen sein – den Charakter eines Ausweichma­növers, um dem Dauerfeuer der heimischen Gegnerscha­ft zu entkommen und einen Kontrapunk­t zu setzen, besitzt Trumps pompöser Auftritt in Riad schon. Allerdings ist es ein Befreiungs­schlag der makaberste­n Art, mit dem der US-Präsident den eigenen diffusen Wahlverspr­echen im Wüstensand jetzt hinterherh­echelt. Trumps heimwärts gerichtete Beteuerung von »Investitio­nen in den USA und Jobs, Jobs, Jobs« wird in der Region als »Tod, Tod, Tod« widerhalle­n. Die mit Waffen aller Art und Konflikten bereits überreichl­ich geschlagen­e Region wird mit neuem Kriegsgerä­t ein weiteres Mal geradezu geflutet werden.

Der Waffenstro­m ergießt sich in ein Land, das Krieg in Syrien finanziert, anderswo befeuert und in Jemen auch selbst führt. Hightech aus den USRüstungs­schmieden vom Neuesten und damit Bösesten zur Konservier­ung des Mittelalte­rs und eines Islam der finsterste­n Art. Trumps Ankündigun­g, den arabischen Gipfel in Riad aufzuforde­rn, »Stellung gegen islamistis­che Bewegungen« zu beziehen, wird die Könige und Emire daher prächtig amüsiert haben.

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