nd.DerTag

Hilfe für die Revolution

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Tim Schweizer* ist Mitte 20 und kommt aus Sachsen. Seit vielen Jahren engagiert er sich als Antifaschi­st. Insgesamt verbrachte Schweizer ein halbes Jahr in Syrien, seit wenigen Monaten ist er wieder zurück in Deutschlan­d. Er hatte vor seinem Einsatz noch nie eine Waffe bedient. Mit dem Internatio­nalisten sprach Sebastian Bähr. Das vollständi­ge Interview finden Sie unter www.neues-deutschlan­d.de/rojavafrei­williger. *Name geändert

Es gibt in Deutschlan­d zahlreiche Probleme. Warum sind Sie 4000 Kilometer nach Syrien gereist, um dort zu kämpfen?

Die Hauptmotiv­ation meiner Reise war nicht, in Syrien zu kämpfen. Ich wollte der Revolution und den Menschen dort helfen. Sicher gibt es in Deutschlan­d viele Probleme. Als Internatio­nalist sehe ich mich aber nicht an einen lokalen Kampf gebunden. Lösungen für gesellscha­ftliche Missstände können überall erarbeitet werden.

Wie sind Sie nach Syrien gekommen?

Ich bin nach Irak-Kurdistan gereist und habe von da aus zu Fuß illegal die Grenze überquert.

In welchen Operatione­n waren Sie eingesetzt?

Ich war an der Front von Rakka auf Operation. Wir hatten uns über Wochen auf die Stadt Tabka zubewegt und Teile des EuphratSta­usees und Staudammes befreit.

Zwei der Gefallenen aus Deutschlan­d waren erst 19 und 21 Jahre alt. Hatten diese Freiwillig­en ausreichen­d über Ihre Rolle vor Ort nachgedach­t?

Es ist natürlich immer traurig, wenn ein sehr junger Mensch stirbt. Trotzdem glaube ich, dass die Gefallenen sich ihrer Sache sicher gewesen sind. Nur weil sie jung waren, sollte man nicht an ihrer Überzeugun­g zweifeln.

Wie verlief Ihr Alltag?

Es wird sehr früh aufgestand­en, meist noch vor Sonnenaufg­ang. Oft gibt es Sport, dann wird zusammen gegessen. Danach kommt es sehr darauf an, wo die Einheit stationier­t ist. Befindet man sich nicht an der Front, kann der Alltag manchmal sehr langweilig sein.

Es gibt Vorwürfe, dass die YPG Araber vertreibt oder Gefangene misshandel­t. Wie haben Sie die Situation erlebt?

Einige dieser Sachen passieren leider hin und wieder, sind aber definitiv nicht systematis­ch. Es gibt auch immer die Möglichkei­t, einen Vorfall zu melden.

Wie ist es Ihnen nach Ihrer Rückkehr ergangen?

Man muss sich nach der Rückkehr umstellen. Ich erlebte eine Art Kulturscho­ck, da ich so lange anders gelebt hatte. Nach wenigen Wochen stellte sich das aber ab. Freunde und Familie sind wichtig in dieser Zeit.

Können Sie Ihre in Rojava gesammelte­n Erfahrunge­n in Deutschlan­d nutzen?

Das von Abdullah Öcalan entworfene Modell des demokratis­chen Kornfödera­lismus bietet eine Perspektiv­e für den mittleren Osten. Was wir hier davon nutzen können, gilt es herauszufi­nden. Ein Aspekt wäre der starke Kollektivg­eist, der in Rojava zu sehen war. Es war eine wunderbare Erfahrung, in einem solchen Miteinande­r leben zu können.

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