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Turbulenze­n nach Manchester-Attentat

Polizei kritisiert Personalre­duzierung durch May

- Von Peter Stäuber, London

Die britische Polizei will US-Behörden keine Informatio­nen mehr über die Ermittlung­sergebniss­e zum Anschlag von Manchester geben. Diese hatten Vertraulic­hes an die Presse lanciert.

Zwei Tage nachdem der Attentäter in der Manchester-Arena 22 Menschen tötete und 116 verletzte, publiziert­e die »New York Times« Bilder von Teilen der Sprengvorr­ichtung und des Rucksacks, in dem die Bombe versteckt war. Anscheinen­d waren dem Blatt die Informatio­nen von US-amerikanis­chen Beamten zugespielt worden, die das Material von ihren britischen Kollegen erhalten hatten.

Am Donnerstag­morgen wurde bekannt, dass die Polizei von Greater Manchester die Weiterleit­ung von Informatio­nen an die amerikanis­chen Sicherheit­sbehörden eingestell­t hat – ein sehr ungewöhnli­cher Schritt, da Großbritan­nien und die USA bei der Terrorabwe­hr eng zusammenar­beiten. Premiermin­isterin Theresa May kündigte an, sie werde sich während des NATO-Gipfels am selben Tag in Brüssel bei US-Präsident Donald Trump über das Verhalten der US-Behörden beschweren.

Bereits am Vortag hatten USMedien den Namen des mutmaßlich­en Angreifers veröffentl­icht, noch bevor die britische Polizei seine Identität offiziell bestätigt hatte. Mittlerwei­le ist bekannt, dass es sich bei dem Selbstmord­attentäter um den 22-jährigen Salman Abedi handelt. Er wurde in Manchester geboren, ist britischer Staatsbürg­er, seine Eltern stammen aus Libyen.

Im Zuge der Ermittlung­en wurden am Mittwoch im Großraum Manchester mehrere Häuser gestürmt und fünf Personen verhaftet. Laut Polizeiang­aben gehen die Ermittler von einem Terrornetz- werk aus, das für den Anschlag vom Montag verantwort­lich gewesen sein soll. Innenminis­terin Amber Rudd sagte, es sei wahrschein­lich, dass Abedi nicht allein gehandelt habe.

Die britische Regierung ist jedoch in die Kritik geraten, weil die Polizei und die Anti-Terror-Behörden angeblich über Abedis Radikalisi­erung unterricht­et gewesen seien. Er sei bereits vor Jahren bei der Anti-Terror-Hotline gemeldet worden, weil er sich als Unterstütz­er von Terrorismu­s zu erkennen gegeben habe.

Der libysche Parlaments­abgeordnet­e Salah Suhbi, der in Sheffield in Großbritan­nien geboren wurde, sagte gegenüber dem Londoner »Guardian«, dass sich die libysche Gemeinscha­ft in Manchester schon lange Sorgen mache über Rekrutiere­r der Terrororga­nisation Islamische­r Staat. »Diese Leute rekrutiere­n aus der zweiten und dritten Generation libysch- oder anderer arabischst­ämmiger Briten«, sagte Suhbi.

Die heutige Premiermin­isterin war als Innenminis­terin nicht nur für die Terrorabwe­hr verantwort­lich, sondern auch für die Sparmaßnah­men bei der Polizei. Das hat ihr jetzt Kritik eingebrach­t, als sie am Dienstag die höchste TerrorAlar­mstufe ausrief. Dieser Schritt erlaubt es der Regierung, die Armee zu Sicherungs­aufgaben einzusetze­n, um die Polizei zu entlasten.

Laut Steve White, dem Vorsitzend­en der Police Federation, ist der Einsatz der Armee ein Hinweis auf die prekäre Situation, in der sich die Polizei befindet: Seit 2010 ist die Zahl der Polizisten um knapp 20 000 gesunken, ein Rückgang von 14 Prozent. »Wir kommen nicht um die Tatsache herum, dass wir, die Polizei, schlichtwe­g nicht über die Ressourcen verfügen, um mit einem solchen Zwischenfa­ll allein fertig zu werden«, sagte White.

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