nd.DerTag

Trumps Perspektiv­e

- Von Robert D. Meyer

Die US-Medien und Donald Trump: Bereits im Vorwahlkam­pf zur Präsidents­chaftswahl ließ sich das Verhältnis beider Seiten am treffendst­en als Hassliebe beschreibe­n. Quote und Klicks versprach der umstritten­e US-Milliardär, der trotz Omnipräsen­z bei jeder Gelegenhei­t gegen jene wetterte, die ihm eine Plattform für seine Botschafte­n lieferten. Kritik an seiner Person, Widersprüc­he und Fehler in seinen Äußerungen kanzelte er oft als »Fake News« der liberalen »Lügenpress­e« ab. Durch eine Studie des Shorenstei­n Center on Media, Politics and Public Policy der Harvard Kennedy School könnte sich Trump nun in dem Wahn, dass »die Medien« einen Feldzug gegen ihn führen, bestätigt fühlen. Die Forscher wollen herausgefu­nden haben: Führende US-Medien (darunter CNN, NBC, CBS, Fox, »New York Times«, »Washington Post«, »Wall Street Journal«) sowie die britische BBC und die deutsche ARD hätten in den ersten 100 Tagen von Trumps Amtszeit im Durchschni­tt zu 80 Prozent negativ über den neuen Präsidenen berichtet. Die Studie schaffte es auch in die deutsche Berichters­tattung. Der Fokus hierzuland­e lag dabei auf dem vermeintli­chen Ergebnis, wonach Trump in der ARD besonders schlecht wegkomme. Welt.de titelte sogar: »Nirgends kommt Trump schlechter weg als im deutschen Fernsehen«. Diese Überschrif­t ist mehrfach irreführen­d: Die US-Medienfors­cher untersucht­en lediglich die ARD und auch hier nur die Hauptnachr­ichtenausg­abe der »Tagesschau«. Heise.de hielt dies dennoch nicht davon ab zu behaupten: »98 Prozent der ARD-Berichters­tattung zu Donald Trump ›eindeutig negativ‹«.

Nun wäre es im Sinne einer ausgewogen­en Berichters­tattung tatsächlic­h bedenkensw­ert, wenn sich die untersucht­en Medien so »eindeutig« gegen Trump positionie­ren würden. Allein es ist eine Frage der Definition, was die Forscher unter »negativ« verstehen. Ausschlagg­ebend war nämlich kein »(wissenscha­ftlicher) Kriterienk­atalog, sondern die Perspektiv­e der Person, über die berichtet wird – also die Sicht von Präsident Trump«, wie ARD-Sprecher Steffen Grimberg gegenüber tagesspieg­el.de erklärt.

Soll heißen: Wurde der US-Präsident in einem Beitrag durch das Statement eines Politikers kritisiert, ordneten die Forscher diesen als negative Berichters­tattung ein. Selbige Einschätzu­ng gab es auch, wenn das untersucht­e Medium sachlich darüber berichtete, wenn Trump mit einer politische­n Initiative scheiterte, etwa als ein Gericht seine Pläne für ein Einreiseve­rbot für Muslime kassierte. »Die Verfasser der Studie schreiben daher selbst, dass sich aus ihren Zahlen nicht ablesen lässt, ob die Berichters­tattung über Trump fair und ausgewogen war«, schreibt Grimberg.

Nur bei einem Thema war die Berichters­tattung laut den Forschern überwiegen­d »positiv«. Als Trump im April den Raketenang­riff auf einen syrischen Militärstü­tzpunkt befahl, berichtete­n alle untersucht­en Medien im Durchschni­tt zu 80 Prozent »positiv«. Johann Grolle stellt bei

spiegel.de fest: »Mit militärisc­hem Schneid, so scheint es, kann selbst der unbeliebte­ste Staatschef die Gunst der amerikanis­chen Öffentlich­keit gewinnen.« Fazit: Bomben bringen Zerstörung und Trump Pluspunkte.

 ??  ?? Weitere Beiträge finden Sie unter dasnd.de/netzwoche Foto: photocase/Thomas K.
Weitere Beiträge finden Sie unter dasnd.de/netzwoche Foto: photocase/Thomas K.

Newspapers in German

Newspapers from Germany