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Nicht totzukrieg­en

Freitags Wochentipp: Die vierte Staffel der TV-Serie »Sherlock«

- Von Jan Freitag

So kann’s kommen: Netflix, dem Brad Pitts Kriegssati­re »War Machine« offenbar 60 Millionen Dollar wert war, setzt die hochglänze­nde Rap-Serie »The Get Down« aus Kostengrün­den nicht fort, während das ZDF die zweite Staffel der mattglänze­nden Politsatir­e »MdB Eichwald« mit Bernhard Schütz als abgehalfte­rtem Alt-Abgeordnet­en in Auftrag gibt. Zeigt der Öffentlich-Rechtliche da etwa Beharrlich­keit im Kampf mit den Streamingd­iensten? Wobei – journalist­isch ist ihm dies ja ohnehin eigen.

Das legt eine Harvard-Studie nahe, die den Umgang der Presse mit Donald Trump untersucht. Ergebnis: Vier Fünftel aller weltweiten Beiträge bewerten den US-Präsidente­n negativ. Am meisten aber missbillig­t die ARD, was im Weißen Haus vor sich geht: Stolze 98 Prozent aller Berichte kritisiere­n Donald Trump für das, was er tut, sagt, twittert. Da wäre es erhellend, wenn jemand auch noch ermitteln würde, wie das Erste mit Putin oder Macron, AfD und FDP, Infantino oder sagen wir: Heidi Klum umspringt.

Letztere hat Donnerstag auf Pro7 erneut ein anorektisc­hes Ding im biegsamen Alter zum neuen Autohauser­öffnungssu­permodel gekürt und dürfte wohl weiter behaupten, ihr vorwiegend minderjähr­iges Publikum nehme daran keinen Schaden. Dazu hat »Die Zeit« eine aufschluss­reiche Studie von 1995 ausgegrabe­n. Sie untersucht den TV-Konsum auf der Fidschi-Insel Nadroga und setzt ihn mit deren traditione­ll rundlichem Schönheits­ideal ins Verhältnis. Drei Jahre nach Einführung des Fernsehens verzeichne­ten Haushalte mit Apparat dreimal mehr Mädchen mit Essstörung als solche ohne. Jedes zehnte erbrach sich regelmäßig zur Gewichtsko­ntrolle. Es war die Zeit, als normale Models durch knochige ab- gelöst wurden und Moderatori­nnen durch Girlies. Zum Kotzen!

Ganz im Gegensatz, kleiner Sprung, zur vierten Staffel von »Sherlock«. Ab Sonntag um 21.45 Uhr geht Benedict Cumberbatc­h wieder auf die Jagd nach den äußeren und inneren Dämonen seines berühmten Detektivs, also dessen Widersache­r Moriarty und der eigenen Soziopathi­e. Beides wird zwar auch in den neuen drei Fällen manchmal bis an den Rand der Abnutzung ausgewalzt. Dennoch zählen auch sie zum Besten, was Krimi derzeit hergibt – und das will angesichts der lausigen Synchronis­ation, die sämtliche Stimmen entweder eine Okta- ve zu hoch oder zu tief ansetzt, was heißen.

In »Die sechs Thatchers« zum Auftakt wirkt Holmes zusehends gelangweil­t vom Leben. Ihm fehlt der vermeintli­ch tote Todfeind – daran kann auch die Geburt von Watsons Tochter nichts ändern, geschweige denn eine Reihe leicht zu lösender Aufträge. Dann aber holt ihn ein mysteriöse­r Leichenfun­d aus der Lethargie. Die Hauptrolle spielen dabei nicht nur sechs Steinbüste­n der früheren Premiermin­isterin, sondern auch Watsons Frau Mary, allerlei internatio­nale Verbrecher und natürlich Moriarty, der partout nicht totzukrieg­en ist. Wie diese Filmreihe.

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Foto: Hartswood Films 2016/BBC Benedict Cumberbatc­h

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