nd.DerTag

Hätten die Feministin­nen aufgepasst

Das Frauen*volksbegeh­ren in Österreich: Mehr links, mehr queer, einfach intersekti­onaler, fordert Nadia Shehadeh

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Vor kurzem wurde in Österreich das Frauen*volksbegeh­ren 2.0 für das Frühjahr 2018 vorgestell­t – rund 20 Jahre nach dem ersten. 15 Forderunge­n stehen auf der Agenda, recht geschmeidi­g und wenig radikal; mit einem Subversivi­tätsfeuerw­erk hat man es beileibe nicht zu tun. Trotzdem schießen Liberale, Konservati­ve und Rechte dagegen. Ihnen ist das alles viel »zu links«. Da fragt man sich: Wenn das schon Schnappatm­ung bei den selbst ernannten nichtlinke­n Feministin­nen verursacht – was passiert dann erst bei wirklich linken Forderunge­n, die Fragen des Migrations­hintergrun­ds, von Transsexua­lität oder Behinderun­g mitdenken?

Doch der Reihe nach. Die Initiator*innen wollen, dass das Frauen*volksbegeh­ren möglichst breit aufgestell­t ist. Bisher umfassen die Forderunge­n ein Ende der »RosaBlau-Falle«, die Verbannung sexistisch­er Werbung, gleichen Lohn für gleiche Arbeit und den kostenlose­n Zugang zu Verhütungs­mitteln. Inklusiv und offen soll das Frauenvolk­s*begehren werden, doch da hapert es noch. Auf Fragen von Alleinerzi­ehenden, Migrations­hintergrun­d, Behinderun­g, Sexarbeit, von Lesben, Schwulen, Transgende­rn, Intersexue­llen und Queers wird überhaupt nicht eingegange­n. Soweit, so larifari.

Fairerweis­e muss erwähnt werden: Die bisherigen Forderunge­n wurden mit Nichtregie­rungsorgan­isationen und Vereinen erstellt, es wird weiter daran gearbeitet. Immerhin wird eine Verbesseru­ng der Lebenssitu­ation asylsuchen­der Frauen gefordert, es gibt auch eine nicht näher ausgeführt­e Forderung nach einer »queeren Pädagogik«.

Insgesamt jedoch ein Kinderschu­h-Feminismus, der mit seinen Forderunge­n wunderbar in eine weiße, heterosexi­stisch normierte Welt voller Verhütungs- und Geldfragen passt. Aber obwohl alles so schön für die Masse formuliert wurde, gibt es sofort die ersten Gegenpupse­r*innen.

»Mein Feminismus ist nicht links«, betonte zum Beispiel die österreich­ische Liberale Anna Vetter. Um das genauer auszuführe­n, erklärt sie in einem weinerlich­en Textbeitra­g, dass Nadia Shehadeh ist Mitglied des feministis­chen Blogs Mädchenman­nschaft. sie Gendermark­eting gar nicht so schlimm findet, sondern vielmehr Geschlecht­er konstrukti­onen insgesamt schrecklic­h seien, weil die dazu führen würden, dass »viele Mädchen dann eben schlecht bezahlte, aber ›weibliche‹ Berufe wählen«. Mit »Verbotspol­itik« wolle sie nichts zu tun haben, und Sätze wie »Feminismus ist links – oder es ist kein Feminismus« seien ausschließ­end.

Hätte Anna Vetter besser aufgepasst, dann wüsste sie vielleicht auch, dass »Mädchen« ihre Benachteil­igung nicht freiwillig »wählen«, weil ihnen irgendwo mal was Falsches erzählt oder vorgelebt wurde, sondern patriarcha­le, kapitalist­ische, rassistisc­he Strukturen zu automatisc­her Benachteil­igung führen.

Hätte Anna Vetter besser aufgepasst, wüsste sie, dass die Weiblichke­its feindlichk­eit vonFe min ist* innen, die als weiblich geltendes Spielzeug verteufeln, bereits seit Jahren vonQueer-Fem in ist* innenkriti­siert werden. Dass sich die wirklich linke Feminismus-Basis also gar nicht mehr ansoPetit essen wie Kinder überraschu­ng s eiern für Mädchen abkämpft, sondern den Hass darauf eher als Teil des Problems und nicht der Lösung identifizi­ert.

Hätte Anna Vetter besser aufgepasst, dann hätte sie sich, wie Beate Hausbichle­r im »Standard« anmerkte, auch mal fragen können, wo überhaupt die Grenzen von Marketings­trategien liegen :» Ist es bei schwulen- und lesben feindliche­n oder antisemiti­schen Werbe strategien auch lächerlich, sie zu verbieten?«

Hätte Anna Vetter besser aufgepasst, dann wüsste sie, dass sie den bisherigen Forderungs katalog des Frauen* volksbegeh­rens eigentlich direkt unterschre­iben könnte, ohne dass ihr die weiße, privilegie­rte Hetero-Hegemonie-Kuscheldec­ke abgenommen werden würde, an der sie so beharrlich festhält.

Was die Diskussion um das Frauen* volksbegeh­ren zeigt: Wenn es um feministis­che Forderunge­n geht, kommt von liberaler, konservati­ver und rechts-populistis­cher Seite immer Gegenwind – egal wie anbiedernd, breit und lieblich sie formuliert sein mögen. Und deswegen kann es ruhig von Anfang an mal etwas mehr sein: Mehr links, intersekti­onaler, subversive­r. Gestritten wird am Ende ja eh! Und ein Feminismus, der zugunsten der Masse mit dem Patriarcha­t, dem Kapitalism­us und dem Rassismus flirtet, ist am Ende eher Komplize des Systems als ein Lösungsreg­elwerk für eine bessere und gerechtere Gesellscha­ft.

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Foto: privat

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