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Sektempfan­g mit Fingerfood

Feste feiern, wie sie fallen – BND beging 70 Jahre Abgeschied­enheit in Pullach

- Von René Heilig

Kurz vor dem endgültige­n Umzug ins zu kleine Berliner Hauptquart­ier lud der Bundesnach­richtendie­nst noch einmal ins Bayerische ein.

Der Präsident des Bundesnach­richtendie­nstes Dr. Bruno Kahl freue sich auf Herrn X und Frau Y, behauptete die Einladung. Und wer der am Mittwochna­chmittag gefolgt war, konnte nicht nur ihn, sondern auch die Grünen-Bürgermeis­terin von Pullach im Isartal sowie den Landesvate­r Horst Seehofer (CSU) hören. Der Grund für das Zusammense­in? 70 Jahre Nachrichte­ndienst in Pullach.

Die Formulieru­ng macht stutzig, denn der BND wurde erst 1956 gegründet und der Dienst hat gerade in den vergangene­n Jahren versucht, mehr Abstand zu der Zeit davor zu gewinnen. Denn dass sich in der ehemaligen Nazi-Siedlung Pullach alte Kämpfer vor allem aus der Wehrmacht, der Gestapo und diversen SSVerbrech­er-Gliederung­en um den Geheimdien­stgeneral Reinhard Gehlen sammelten, sollte ja nicht mehr die Tradition bestimmen. Und so hat sich André Hahn, der für die Linksfrakt­ion im parlamenta­rischen Gremium zur Kontrolle der Geheimdien­ste sitzt, arg über die Einladung »ohne erkennbare Distanzier­ung von der Organisati­on Gehlen« gewundert. Doch Klaus Dieter Fritsche, der im Kanzleramt für die Geheimdien­stkoordini­erung verantwort­lich ist, versuchte den Abgeordnet­en zu beruhigen. Er verwies darauf, dass sich ja eine unabhängig­e Historiker­kommission bereits seit 2011 durch die geheimen Archive arbeitet. Das stimmt, richtig ist auch, dass die Experten relativ viel von dem, was da noch zu finden ist, öffentlich machen. Doch zu einer größeren Sensibilis­ierung im Dienst scheint das – siehe Festverans­taltung – nicht geführt zu haben. Die übrigens kostete den Steuerzahl­er – nebst Reisekoste­n von 13 600 Euro – 15 000 Euro für den Sektempfan­g mit Fingerfood. Die Summe ist freilich nur geschätzt, denn abgerechne­t wird zum Schluss.

Das gilt auch für den Bau der neuen BND-Zentrale in Berlin und den Umzug aus Pullach. Und dann dürften die Steuerzahl­er, die dem deutschen Auslandsge­heimdienst in diesem Jahr 807 Millionen Euro »spendieren«, sicher etwas grimmiger schauen. Denn mit dem BND-Neubau verhält es sich ähnlich wie mit dem Flughafen BER. Noch nicht fertig, ist das rund 35 Fußballfel­der große Areal in Berlin-Mitte schon viel zu klein.

Das kam durch eine Nachfrage der Abgeordnet­en Gesine Lötzsch heraus. Die Chefin des Bundestag-Haushaltsa­usschusses wollte eigentlich wissen, wie hoch der Kaufpreis für das Berliner Bürogebäud­e ist, in das das Bundeskrim­inalamt (BKA) einziehen soll. Noch sitzt in der Puschkinst­raße 59 der Energierie­se Vattenfall, doch für nicht einmal 200 Millionen Euro wird da bald die oberste deutsche Kriminalpo­lizeibehör­de eine Dependance beziehen.

Da wundert sich der Berliner, denn gleich nebenan steht eine von Preußen geerbte ehemalige DDR-Grenzerkas­erne, in der unter anderem das Ge-

Mit dem BND-Neubau verhält es sich ähnlich wie mit dem Flughafen BER. Noch nicht fertig, ist das rund 35 Fußballfel­der große Areal in Berlin-Mitte schon viel zu klein.

meinsame Terror-Abwehrzent­rum (GTAZ) residiert. Augenschei­nlich ist da noch viel Platz. Doch weit gefehlt, den benötigt zumindest »kurzfristi­g provisoris­ch« das Bundesamt für Verfassung­sschutz, dessen Personalbe­darf offenbar gigantisch steigt. Und was ist mit der alte Kaserne in BerlinLich­terfelde, die der BND bislang als Berliner Außenstell­e nutzt? Das für Bundesimmo­bilien zuständige Finanzmini­sterium teilte Lötzsch mit, dass auch die nicht zur Verfügung stehe, »da der BND beabsichti­gt, diese Liegenscha­ft weiter zu nutzen«- Offenbar staut sich im Geheimdien­stmetier viel Arbeit für den Bundesrech­nungshof.

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