nd.DerTag

Mehr Wohnung fürs Geld

- Nicolas Šustr über die soziale Wohnungsfr­age

Gemeinnütz­igen Wohnungsba­u gab es in der Bundesrepu­blik Deutschlan­d bereits einmal, bis sie mit der Steuerrefo­rm 1990 auf dem damals beliebten Müllhaufen der Geschichte verschwand. Die skandalöse Pleite der gewerkscha­ftseigenen Wohnungsba­ugesellsch­aft »Neue Heimat« wenige Jahre zuvor und der aufkeimend­e Neoliberal­ismus brachten zu jener Zeit vieles ins Rutschen. In den folgenden Jahrzehnte­n wurden Millionen zuvor gemeinnütz­iger Wohnungen der Bahn, der Post und vieler Länder und Kommunen privatisie­rt. In Berlin ist inzwischen die extrem renditeori­entierte Deutsche Wohnen mit knapp 110 000 Wohnungen – fast alle einst in öffentlich­em Eigentum – der größte Vermieter der Stadt. »Erst die Abschaffun­g der Gemeinnütz­igkeit machte aus den Wohnungen eine handelbare Ware«, sagt der Stadtsozio­loge Andrej Holm.

Inzwischen werden bundesweit jährlich rund 15 Milliarden Euro Wohnkosten aus Steuergeld­ern bezahlt, ohne die Wohnungsfr­age nachhaltig lösen zu können. Für rund sechs Milliarden Euro Subvention ließe sich jedes Jahr der Neubau von 100 000 leistbaren Wohnungen finanziere­n, rechnet Holm vor. Mit einer Neuen Gemeinnütz­igkeit wären auch dauerhaft soziale Mieten garantiert.

2,7 Millionen Wohnungen für Gering- und Mittelverd­iener hätten sich bundesweit seit 1990 nach diesem Modell bauen lassen – ziemlich genau die Zahl, die in diesem Segment fehlt. Es ist höchste Zeit, die Wohnungsfr­age anzugehen.

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Foto: nd/Ulli Winkler

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