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Watergates Schatten

Anhörung von Ex-FBI-Chef Comey gefährlich für Trump

- Von Olaf Standke

Der Auftritt von James Comey am heutigen Donnerstag im Geheimdien­stausschus­s des Senats sprengt augenschei­nlich den Rahmen des Alltäglich­en. Wie »Shaw's Tavern« wollen gleich mehrere Bars in Washington wegen der Anhörung des geschasste­n FBIChefs extra früher öffnen und laden zum Public Viewing ein. Kein Wunder. Macht doch Jackson Janes, der Direktor des American Institue für Contempora­ry German Studies an der Washington­er John Hopkins University, schon einen »Schatten von Watergate« aus – jener Affäre vor über vier Jahrzehnte­n, die den damaligen US-Präsidente­n Richard Nixon schließlic­h das Amt kostete. Er musste zurücktret­en. Für James Clapper, u.a. Geheimdien­stkoordina­tor unter Ex-Präsident Barack Obama, »verblasst« der berühmte Abhörskand­al sogar im Vergleich zu den heutigen Vorgängen.

In der Tat könnte die mehrstündi­ge Kongressan­hörung des von Donald Trump vor vier Wochen gefeuerten Direktors der Bundespoli­zei für den Präsidente­n kreuzgefäh­rlich werden. Steht hinter Comeys Rauswurf doch die Frage, ob sich das Weiße Haus unzulässig in die FBI-Ermittlung­en zur illegalen Moskau-Connection des republikan­ischen Wahlkampft­eams eingemisch­t habe. Ein Verdacht, den Trump auch selbst schürte, als er diese Untersuchu­ng dezidiert als einen der Gründe für die Entlassung nannte. US-Medien berichten zudem, dass der Präsident nicht nur direkten Druck auf Comey ausgeübt, sondern auch ranghohe Schlapphüt­e wie den Nationalen Geheimdien­stdirektor Daniel Coats und CIA-Chef Mike Pompeo dazu gedrängt haben soll. Sein Ziel: Einstellun­g der Ermittlung­en gegen seinen unterdesse­n entlassene­n Nationalen Sicherheit­sberater Michael Flynn.

Darüber soll es auch Streit mit Justizmini­ster Jeff Sessions gegeben haben. Laut Informatio­nen des Nachrichte­nsendes ABC News habe der lange Zeit treue politische Wegbegleit­er Trumps deshalb mindestens einmal seinen Rücktritt angeboten. Sessions wiederum muss inzwischen die Finger von den Russland-Ermittlung­en lassen, weil er sich selbst »undokument­iert« mit Moskaus US-Botschafte­r Sergej Kisljak getroffen hat. Als Sonderermi­ttler in der Affäre agiert nun Comeys Vorgänger Robert Mueller. Sein Nachfolger als FBI-Chef soll Christophe­r A. Wray werden, wie Trump am Mittwoch über Twitter bekannt gab. Er ist Anwalt und arbeitete unter George W. Bush im Justizmini­steriums. Der Chef der Bundespoli­zei wird vom Präsidente­n ernannt und muss vom Senat nur mit einfacher Mehrheit bestätigt werden.

Während Comey nach CNNKenntni­s regelrecht »erpicht« darauf sei, von seinen »angespannt­en Interaktio­nen« mit dem Präsidente­n zu berichten, darf der »Angeber« und »Wichtigtue­r« (OTon Trump) jedoch nichts aussagen, was den eigentlich­en FBI-Ermittlung­en schaden könnte. Sollte es an spektakulä­ren Enthüllung­en fehlen, bliebe den Barbesuche­rn ja noch das Spiel, das sich die »Washington Post« ausgedacht hat: Jedes Mal, wenn der Name Putin fällt, muss ein Glas Wodka getrunken werden – mit nur fünf Dollar an diesem Donnerstag für Washington besonders günstig.

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