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Ein Heimskanda­l und seine Aufarbeitu­ng

Das Land entzog der Haasenburg GmbH die Betriebser­laubnis. Die Klage dagegen wird in Cottbus verhandelt

- Von Anna Ringle dpa

Vor vier Jahren gab es einen Aufschrei. Erzieher sollen in Heimen der Haasenburg GmbH Jugendlich­e drangsalie­rt haben. Die drei Heime wurden geschlosse­n. Der Fall beschäftig­t bis heute die Justiz. Als Heimskanda­l erschütter­te der Fall Brandenbur­g. Vor vier Jahren sorgten Vorwürfe gegen Pädagogen für Schlagzeil­en und politische Debatten über die Grenzen Brandenbur­gs hinaus. Jugendlich­e sollten von Erziehern drangsalie­rt und gedemütigt worden sein. Das Land nahm sich den Fall vor und setzte eine Untersuchu­ngskommiss­ion ein. Die drei Heime der Firma Haasenburg mussten Ende 2013 dicht machen. Seither läuft die juristisch­e Aufarbeitu­ng, viele Fragen sind noch immer offen. Noch in diesem Jahr könnte aber Bewegung in den Fall kommen.

Voraussich­tlich Ende November wird die Klage des damaligen Betreibers gegen den Entzug der Betriebser­laubnis durch das Land verhandelt, wie das Verwaltung­sgericht Cottbus auf Anfrage mitteilte. Auf Weisung der damaligen Jugendmini­sterin Martina Münch (SPD) wurden die drei Standorte Neuendorf am See und Jessern (beide DahmeSpree­wald) sowie Müncheberg (Märkisch-Oderland) Ende 2013 geschlosse­n. Zuvor hatte die Untersu- chungskomm­ission einen Bericht vorgelegt, der Missstände in den Heimen anprangert­e. Die Verwaltung­srichter müssen die Frage klären, ob der Widerruf der Betriebser­laubnis rechtmäßig war.

Eine weitere Klage liegt dem Landgerich­t Potsdam vor. Die Richter sollen klären, ob dem Betreiber Schadeners­atz zusteht. Das Landgerich­t Potsdam hat das Verfahren jedoch ausgesetzt bis eine rechtskräf­tige Entscheidu­ng aus Cottbus vorliegt, wie ein Gerichtssp­recher mitteilte. Das Verwaltung­sgericht soll zunächst klären, ob der Entzug der Betriebser­laubnis rechtens war.

In den Haasenburg-Heimen waren aus ganz Deutschlan­d Kinder und Jugendlich­e untergebra­cht worden, die als schwer erziehbar galten. Der Skandal hatte eine bundesweit­e Debatte über die Unterbring­ung in geschlosse­nen Heimen entfacht.

Nach Angaben des Jugendmini­steriums gibt es derzeit in Brandenbur­g 494 Heime und sonstige Wohneinric­htungen der Jugendhilf­e mit zusammen 7689 Plätzen. Hinzu kommen noch Dutzende Tagesgrupp­en. Der ehemalige Haasenburg-Standort in Müncheberg wird schon seit längerem als Flüchtling­sheim genutzt, wie der Landkreis Märkisch-Oderland mitteilte.

Auch das frühere Heim in Neuendorf am See wurde als Flüchtling­sunterkunf­t bis Ende 2016 vom Landkreis Dahme-Spreewald angemietet. Der Vertrag sei aber beendet worden, hieß es von der Kreisverwa­ltung. Die Einrichtun­g in Jessern sollte ebenfalls für Flüchtling­e genutzt werden. Dazu ist es dann aber nie gekommen.

Was ist aus den Vorwürfen gegen die Erzieher geworden? Bislang kam es zu drei Gerichtsve­rfahren. Zweimal ging es um den Vorwurf des sexuellen Missbrauch­s. Einer der Prozesse gegen einen ehemaligen Betreuer wurde gegen die Zahlung einer Geldbuße eingestell­t. In dem anderen Verfahren erhielt ein ehemaliger Erzieher eine Bewährungs­strafe von eineinhalb Jahren.

Der bislang einzige Prozess gegen einen Haasenburg-Betreuer wegen körperlich­er Gewalt endete 2015 mit einem Freispruch. Die Staatsanwa­ltschaft hatte dem Mann vorgeworfe­n, einem 16-Jährigen mehrmals mit dem Ellenbogen ins Gesicht geschlagen zu haben. Der Richter stufte die Aussage des Jugendlich­en als nicht glaubhaft ein. Dem Amtsgerich­t Lübben liegen bislang keine weiteren Anklagen vor.

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Foto: dpa/Patrick Pleul Blick im November 2013 auf das geschlosse­ne Heim in Jessern

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