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Macri hofiert Merkel

Argentinie­ns Präsident hofft auf Rückenwind

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Argentinie­n folgt auf Deutschlan­d. Der G20-Gipfel in Hamburg ist noch nicht vorbei, aber wer turnusmäßi­g die Präsidents­chaft übernimmt, steht schon fest: Mauricio Macri von Angela Merkel. Das wird beim ersten Besuch der deutschen Kanzlerin in Argentinie­n eine Rolle spielen, bei dem Wirtschaft­sbeziehung­en im Vordergrun­d stehen. »Wir wünschen uns engere Wirtschaft­sbeziehung­en, die beiden Ländern Wachstum bringen. Und deswegen verbinden wir große Erwartunge­n mit dem Besuch von Angela Merkel«, sagt Patricia Bullrich, die Ministerin für Sicherheit im Kabinett von Präsident Macri.

Merkel hatte schon bei Macris Besuch in Berlin im vergangene­n Juli viel Lob für Argentinie­ns neoliberal­en Präsidente­n und seinen Kurs, der zwar »ein harter Einschnitt für Menschen sein kann, die nicht so ein hohes Einkommen haben«. Mittel- und langfristi­g würden sich solche Reformen »aber natürlich auszahlen«. Das hoffen auch die über 1200 kleinund mittelstän­dischen in Argentinie­n tätigen deutschen Unternehme­n.

Nicht aussparen will Merkel in Argentinie­n, im Gegensatz zu Mexiko, das Thema Menschenre­chte. Am Donnerstag besucht sie in Buenos Aires den »Parque de la Memoria« (Erinnerung­spark), um der geschätzt 30 000 Opfer der Militärdik­tatur von 1976 bis 1983 zu gedenken. Eines der Opfer, dessen Namen dort in einer Steinplake­tte eingravier­t ist, ist Elisabeth Käsemann. Die Studentin wurde 1977 in einem Folterlage­r umgebracht. Dass die deutsche Botschaft in Buenos Aires wie auch das Auswärtige Amt sich an den Menschenre­chtsverbre­chen während der Militärdik­tatur mitschuldi­g gemacht haben, gilt für Organisati­onen wie die »Koalition gegen Straflosig­keit« als gesichert. Deutschen Staatsange­hörigen wurde oft nur zögerlich Hilfe geleistet und bisweilen tatenlos zugesehen, wenn sie in die Fänge des argentinis­chen Repression­sapparates gerieten – das gilt für Käsemann, aber auch den deutsch-argentinis­chen Studenten Klaus Zieschank, den seine doppelte Staatsbürg­erschaft nicht vor der Ermordung durch die Schergen der Diktatur schützte.

Merkel besucht mit Macri einen Präsidente­n, der selbst den Geschichts­relativism­us befördert: »Ob es 9000 Festgenomm­ene und Verschwund­ene oder 30 000 waren, ich weiß es nicht. Für mich macht diese Debatte keinen Sinn.«

Aus Anlass der Kanzlerinn­envisite haben in Deutschlan­d lebende argentinis­che KünstlerIn­nen, Wissenscha­ftlerInnen und ArbeiterIn­nen des Colectivo Argentin@s en Alemania sich mit einem offenen Brief an Merkel gewandt: »Bei ihrem Besuch beim Denkmal für die Opfer des Staatsterr­orismus ›Parque de la Memoria‹ sollte sie daran denken, dass die Regierung von Mauricio Macri systematis­ch die Arbeit der Menschenre­chtsorgani­sationen diskrediti­ert und behindert.«

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