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Ein wenig mehr ist zu wenig

Rentenplän­e der SPD bleiben hinter Forderunge­n der Sozialverb­ände zurück

- Von Fabian Lambeck

Das neue Rentenkonz­ept der SPD sorgt für Streit in der Großen Koalition. Die Union stört sich an den Kosten. Dabei ist das Konzept der Sozialdemo­kraten nicht einmal besonders mutig. Die SPD eröffnet den Rentenwahl­kampf, doch die Union steigt nicht mit ein. Nachdem die Sozialdemo­kraten am Mittwoch ihr Rentenkonz­ept vorgestell­t hatten, machte der CDU-Generalsek­retär nun deutlich, dass seine Partei kein eigenes Rentenkonz­ept für den Wahlkampf vorlegen werde. »Bis 2030 ist die Rente solide aufgestell­t. Alles Weitere sollten wir jenseits des Parteienge­plänkels in Ruhe und fundiert mit den gesellscha­ftlichen Gruppen diskutiere­n – beispielsw­eise in einer Rentenkomm­ission«, sagte Peter Tauber der »Saarbrücke­r Zeitung«. Die SPD möchte aber nicht bis 2030 warten, weil das Rentennive­au dann auf 43 Prozent gesunken sein könnte. Stattdesse­n sieht ihr Konzept eine »doppelte Haltelinie« vor. Demnach soll das Rentennive­au, das das Verhältnis zwischen durchschni­ttlichem Lohn und Rente bestimmt, nicht unter 48 Prozent fallen. Die Beiträge will man bei 22 Prozent deckeln. Zudem soll es eine Solidarren­te für Niedriglöh­ner geben. Um das zu finanziere­n, will die SPD unter anderem rund drei Millionen Selbststän­dige ohne Altersabsi­cherung in die gesetzlich­e Rentenvers­icherung aufnehmen. Wenn die Generation der Babyboomer ab 2028 in den Ruhestand geht, ist laut Konzept ein zusätzlich­er Zuschuss aus der Steuerkass­e von rund 14,5 Milliarden Euro nötig. Tendenz steigend.

Damit vollziehen die Sozialdemo­kraten eine Kehrtwende in der Rentenpoli­tik. Viele Jahre peitschte die SPD-Führung ihre ungeliebte­n Rentenrefo­rmen durch und führte dabei immer wieder die steigenden Kosten ins Feld. Nun ist alles anders: »Die verlässlic­he Rente ist uns etwas wert«, erklärte SPD-Spitzenkan­didat Martin Schulz am Donnerstag gegenüber den »Ruhr Nachrichte­n«.

Vertreter des linken Parteiflüg­els wollen sich aber mit einem Rentennive­au von nur 48 Prozent nicht abfinden. Der Vorsitzend­e des SPD-Arbeitnehm­erflügels, Klaus Barthel, forderte in den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe, das Rentennive­au wieder auf 50 Prozent anzuheben. Dies sei »von großer symbolisch­er Bedeutung«. Der SPD-Arbeitnehm­erflügel werde versuchen, diese Forderung auf dem Parteitag Ende Juni durchzuset­zen.

Sozialverb­ände drängen seit längerem darauf, das Rentenivea­u wieder anzuheben. Nach Angaben der Deutschen Rentenvers­icherung beträgt das Standardre­ntenniveau in den alten Ländern derzeit 48,2 Prozent. In den kommenden Jahren soll es aber weiter zurückgefa­hren werden. Der Hauptgesch­äftsführer des Paritätisc­hen Wohlfahrts­verbands, Ulrich Schneider, plädierte im Gespräch mit dieser Zeitung dafür, das Niveau auf jene 53 Prozent anzuheben, die vor der Privatisie­rung der Al- tersvorsor­ge gegolten hätten. In den frühen 90ern lag das Niveau sogar bei 55 Prozent.

Das Ganze wäre nicht zum Nulltarif zu haben. Schneider selbst rechnet »mit Mehrkosten von rund 50 Milliarden Euro, mit denen eine Stabilisie­rung des Rentennive­aus auf 50 oder 53 Prozent zu Buche schlagen würde«. Bei einem Bruttoinla­ndsprodukt von über drei Billionen Euro und einem Sozialbudg­et von weit über 800 Milliarden Euro pro Jahr sei das aber machbar, so Schneider. Auch der Präsident des Sozialverb­ands SoVD, Adolf Bauer, sprach sich am Donnerstag für ein höheres Rentenivea­u aus. In den Kernforder­ungen seines Verbandes zur Bundestags­wahl heißt es unmissvers­tändlich: »Die Kürzungsfa­ktoren in der Rentenanpa­ssungsform­el sind zu streichen und das Rentennive­au schrittwei­se wieder auf das lebensstan­dardsicher­nde Niveau von 53 Prozent anzuheben.«

Ostdeutsch­lands größter Sozialverb­and, die Volkssolid­arität, drängt ebenfalls auf »eine schrittwei­se Anhebung des Rentennive­aus auf 53 Prozent«.

Obwohl das Konzept der SPD weit dahinter zurück bleibt, sieht man bei der Union eine rote Linie überschrit- ten. Der Generalsek­retär des CDUWirtsch­aftsrats, Wolfgang Steiger, warf dem Koalitions­partner gar »einen Rentenansc­hlag auf die Jungen« vor und zugleich »reine Panikmache« mit Blick auf die Altersbezü­ge der Älteren. Steiger verlangte zudem, bei steigender Rentenbezu­gsdauer und weniger Beitragsza­hlern müssten »die Menschen in Zukunft auch über das 67. Lebensjahr hinaus arbeiten«.

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Foto: dpa/Uwe Anspach Will die Kosten für sein Rentenkonz­ept unter Kontrolle halten: SPD-Spitzenman­n Martin Schulz

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